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Carl-Christian Elze – Archiv



hinterhof

:gras & wäschestangen, ein kasten sand, ein blaues
zwergenrad, die buddelformen verstreut, hoch oben     wolken
gebäude, räudiger bau wie garage, baracke, drinnen mutter & sohn
drinnen die kälte die kerzen, noch mal vater mutter kind spielen
an der hand rumspielen, schwerer härter vaters pranke
den puppendoktor rufen: hilfe! das hämatom ist ja geschminkt!

vater hatte buddelformen, sand genug hinterm haus, frische wäsche
nur der vater fehlte ihm (zu zeiten an die wand gestellt)
da fuhr er rad (noch zwergenrad) da gingen
die tränen immer leichter
im wind.


stadt/ land/ stopp          mdv 2006




ankara, ich dachte

an einen gestürzten engel als mein schnellster gedanke
ging ich vorüber, nur mein kopf blieb stehen.
der mann mit dem
maschinengewehr blickte in sich & bewachte
ein gebäude, die fassade
fremdkörperschön
nicht verantwortlich für jedwedes ende, november.
erst traumnah rückte mein auge heraus
mit schnappschüssen: tauben
flügel windige federn, verblätterte schultern im staub
gelenkköpfe, die sich berührten, verrührt
im weichen asphalt
der köter, der kaut, mit hängenden zitzen, die schleifen
am bordstein entlang, der fleischige flug
rumpf verdunkelt verschluckt
kein laut, aus der maschine: die verwandlung
in muttermilch
kampf.


stadt/ land/ stopp          mdv 2006




willkommen traum

ich schlug die augen auf & sah, ich lag
ein abgefüllter augensaft in einem gitter
wagenrost & rollte. der liebe gott
& seine dicke frau, die schoben zogen
aus truhen sonderposten, warfen stücke
butter auf die augen da & dort ein mehl
ein speck & schwere schoten.

ich suchte meinen mund & fand
als ich am fließband floss in eine
engelweiße hand, kein wort & ohne dass
ich wusste wie, gab ich heraus aus mir
den preis. der liebe gott bezahlte gleich
& zog mich schob mich weit in seinen mund
es war wohl, weil ich flüssig war

auf einmal leichter (wie erhofft)
in eine kehle
stopp


stadt/ land/ stopp          mdv 2006




im fallenwald

wir fliegen in die netze ja wie vögel von den wänden
wie die fliegen fallen wir ja wie die füchse gehen wir
ja in die fallen wie die bären wie frau reh herr hirsch
(ungeziefer unterirdisch untertage übernimmt uns)
wir flattern ja noch zappeln ja noch bellen hier & da

brummen blöken da & dort wald & wiesen feldreport
es nützt ja nichts es hilft ja nichts es kommt ja nichts
mehr dabei raus; der jäger kommt zu angesicht
vielleicht ja noch vielleicht auch nicht zu fliege fuchs
zu vogel bär zu frau & herr im netz im wachs im fallenwald
die schnappen ja solang es geht nach guter guter luft.


stadt/ land/ stopp          mdv 2006





/greenbox/

es lag ein netz aus spätem licht & schatten kleiner steine zweige
ihrer kanten ecken so scharfgezurrt & weich auf einem weg
in einem rehelosen wald, dass es ein eintritt war wie in ein altes bild
ein knochenleichtes gemälde von dem selben wald, wo etwas gut
& böse war. ich war wie festgezurrt in diesem netz aus licht &
schatten stiller zweige steine, dass ich ein flecken war, der blieb
ganz unbemerkt von meinen atemzügen, ganz unbemerkt von mir.


stadt/ land/ stopp          mdv 2006




ha long bay

ich wurde ruhig an deck & glitt
himmel & wasser ein gleiches
nebelgrau entlang den felsenköpfen
ein vortrieb ohne wasserlaut, es war
ein stilles bild von einer stillen fahrt
ein fährmann ohne augenpaar
ein stiller ritt, ich schlief mich hin
zu meiner insel wunderbar.


stadt/ land/ stopp          mdv 2006


Archiv, angelegt am 02.10.2010