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Lisa Fritsch
Notiz

Das Erstaunen im Gesicht der Frau, die es gut mit mir meinte: „Bade­wannen – kein Thema.“ Und schon bin ich allein mit meiner Ob­ses­sion. Der Schreibtisch ist mit Notizen, Foto­grafien und Zei­tungs­aus­schnit­ten von Bade­wannen in all ihrer Formenvielfalt zugedeckt: die Wanne als Whirl­pool, als Vieh­tränke, als Trink­brunnen, als Tauf­becken, als Blumen­be­hälter, als Sarko­phag mit Abfluss­loch. Wozu diese Öff­nung? Die römischen Sarko­phage wurden später als Badewannen benützt. Dort, wo Lust ist, ist die Wanne ein Ort erfüll­barer Wünsche. Und doch ist sie auch ein gefährlicher Ort. Sie kostet so manchen das Leben. In Bade­wan­nen sind mehr ungeklärte als geklärte Morde passiert. Was für eine Vorstellung, dass in der Wanne der Tod lauert! Lieber ver­zichte ich aufs Bad. Seit­dem das Böse mein Schreiben erweitert und bereichert, ziehe ich duschen vor.

Texte aus: Wannen Wonnen. Sonderzahl Verlag.

Lisa Fritsch    18.06.2010   
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