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All colours will agree in the dark

ein belichtetes gedicht

I

dunkel wird es in der stadt
nie ganz
immer ist da noch eine
tagspur übrig wie ein rest
etwas wonach sich jetzt keiner
mehr unbedingt umdrehen muss weil
die temperatur von erwartungen
mit jeder minute absinkt jetzt
wagen sich die geisterbäume in die gezirkelte
landschaft winken mit der müdigkeit
von fremden deren atem voller
abenteuer ist die wiesen scheinen
wie seltsame wasser
rufen in wellenschlägen nach
empfindsamen sohlen jetzt
wäre selbst in der stadt etwas wie
stille möglich doch dunkel wird es
nie ganz und es ist immer ein rauschen
über den dingen die aggregate
summen zaubersprüche in die leeren straßen
streuen kühle lichtpartikel über die
entladerampen heben begrenzungen
aus dem grund vergolden
den mächtigen brückenpfeiler
es ist ein trauriges märchen
in diesem licht ohne mauersegler ohne trügerisches
rot ohne bordeaux all colours will agree in the night
das klingt als würden sie einander
an den fingern fassen um sich der
landschaft zu bemächtigen sie zu trösten
diese landschaft die keine landschaft
mehr ist eher: ein gelände
ein gelände der abwesenheit eine
gigantische bühne ohne akteure über die der
rauch wie giftige zuckerwatte aus den essen
weht all colours will agree es wäre ein grau ein
silber vielleicht ein
unentschiedener ton voller ruhe
aber sie teilen sich in ein
bitteres grün ein hämisches violett ein frostiges
blau nur ab und zu gießt sich tröstliches
gelb wie honig zwischen die wände ein sog ein
augentunnel für die heimkehrer die in den
tumhäusern wohnen in denen man den satz
mit den katzen sagt wenn man das licht meint
oder die nacht diesen satz der die gegenwart
der tiere auf den straßen ebenso ausschließt wie
die möglichkeit von landschaften nachts
im gelände


II

in den turmhäusern warten akteure und
statisten auf ihren einsatz den morgens
die sonne gibt ein signal zur belebung
der szenerie: lumiere selas svet
svatlos feny svetloba luz light ales-resch svetlosti
licht lumen light lumiere svet selas feny ...

dann schweigen auch die
blinkenden lichter das tränenauge der
kühltruhe das müde gesicht einer elektrischen
zahnbürste das tröstliche hell eines
verlassenen fensters der bildschirm
an dem ein dichter die spur
einer katze ins dunkel verfolgt …
all colours will agree in the night
nachts sind die katzen grau die sich
nicht aus dem schatten wagen nachts
hat das wort licht
ein anderes gewicht nachts ist es
eine leistung ein produkt
ein schattenwort von gedämpftem klang
ein augenanker der das gelände
an der landschaft hält: selas alef-rech
svetlosti lumen luz svet light feny licht
sviesos lumiere selas ...


ein mantel der die vergänglichkeit
der dinge zu verschweigen sucht
wie das lachen am grab eines freundes
dessen abwesenheit

Undine Materni13.04.2006

Undine Materni
Lyrik