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Wulf Kirsten
karauschen

selbst die karauschen, zählebig wie katzen,
aber voller gräten, nicht beliebt
auf speisezetteln, werden immer seltener
und seltener, bis sie demnächst unbemerkt
ausgestorben – bezeugen kann ich, es gab sie
vorzeiten tatsächlich, ich sah sie
sich winden in schlick und schlamm,
als der schloßteich zu K. herbstens
abgelassen und abgefischt, in den tümpeln
zappelten nur die karauschen noch,
während karpfen, schleien, hechte
aus den keschern geschüttelt in die bottiche
fielen, auf pferdewagen gesetzt,
reiche ernte, hieß es, ich weiß noch
den tag, mitten im krieg, inspektor Peschke
gab die kommandos, dorfkind unter dorf-
kindern, sah ich beim abfischen zu,
leistete fischen wie fischern gesellschaft
rund um den teich, nur die karauschen
blieben in ihm zurück und der schlamm,
in dem sie um sich schlugen wie wild,
achtlos-verächtlich am leben gelassen,
karauschen, zu kurz geratene fische.

zum jahr der karausche 2010

Erschienen in poet nr. 8

Wulf Kirsten    29.04.2010   
Wulf Kirsten
Lyrik