Stele [griech.] Pfeiler, Säule als Grab- oder Gedenkstein
Die Stelen sind der Anfang einer Sammlung kleiner literarischer „Gedenksteine“ in Form eines Gedichtes jüngst verstorbener Dichter, überwiegend fremdsprachiger, aber auch deutschsprachiger. Ausgangspunkt sind unter anderem aktuelle Todesmeldungen in den poetry news. Idee und Konzept: Hans Thill.
Inger Christensen
(Vejle 1935 – Kopenhagen 2009)
Integritäten
6
Ein schwarzer Sturm im abgeschlossenen Hohlraum
schwarzer Flieder, der nach Schwefel riecht
schwarzer Schnee
die Konversation mit dem Tod:
Freiheit Freiheit Freiheit
der Schnee fällt
und legt sich in mächtigen Wehen übern Himmel
Und der Himmel ist völlig schwarz
Im Mai muß der Flieder blühn, muß
Deutsch von Gregor Laschen. Aus:
Mein Gedicht ist mein Körper. Neue Poesie aus Dänemark. Poesie der Nachbarn Bd 1., edition die horen, 1989
»Wenn ich Gedichte schreibe, dann kann es mir einfallen, so zu tun, als schriebe nicht ich, sondern die Sprache selbst.«
Inger Christensen wurde am 16. Januar 1935 in Vejle (Dänemark) geboren und starb am 2. Januar 2009 in Kopenhagen.
Sie studierte Medizin, Chemie und Mathematik in Kopenhagen und arbeitete als Lehrerin an einer Kunsthochschule. In den sechziger Jahren begann sie Gedichte zu schreiben. Zu ihren wichtigsten Büchern gehören neben ihrem Debüt Lys (1962, Licht) der Gedichtzyklus Det (1969, Es) sowie die Bände Alfabet (1981, Alphabet) und Sommerfugledalen (1991, Das Schmetterlingstal). Christensen erhielt den Österreichischen Staatspreis für Europäische Literatur und den Siegfried Unseld-Preis und galt als Kandidatin für den Nobelpreis
Nachrufe im Poetenladen von Volker Sielaff und Francisca Ricinski
12.05.2009