Hans M. Enzensberger
Josefine und ich
Eine Erzählung
Suhrkamp, Frankfurt 2006
Von Plattitüde zu Plattitüde mit „Tante Hans Magnus“ und seiner neuen Erzählung „Josefine und ich“
Die Kritik ist sich einig wie selten: Hans Magnus Enzensbergers neuste Erzählung taugt nichts. Weder Autor noch Verlag konnten mit der Veröffentlichung punkten und demonstrieren nur eins: Suhrkamp hat schon glanzvollere Zeiten erlebt. Vor allem, wie schlecht muss die Prosa wirklich sein, wenn Kritiker es wagen, einen der Heroen der deutschsprachigen Literatur zu verreißen, ja zu verspotten („Tante Hans Magnus“). Vor kurzem erst erklärte Marcel Reich-Ranicki im
Stern, wie gefährlich es für einen Rezensenten heute sei, zumal für einen jüngeren, namhafte Autoren zu kritisieren. Und was tun die Verlagshäuser nicht, um die Rezensenten auf ihre Publikationen positiv einzustimmen – bis hin zu Kritikerpreisen, an deren Vergabe sie selbst beteiligt sind.
Am härtesten urteilt die ZEIT. Ihr Rezensent Jens Jessen schreibt: „Es kostet mich wachsende Kraft, überhaupt nur die Seiten umzublättern. Ich arbeite mich von Platitüde zu Platitüde. Jede einzelne wird kostbar ausgestellt wie eine Ikone.“
Jens Jessen | Die Zeit
Volker Weidermann titelt in der FAZ:
Tante Hans Magnus beim Tee. Er überführt den Autor auch inhaltlicher Fehler. So beschreibe Enzensberger ein Champions-League-Spiel aus einem Jahr, als es noch gar keine Champions-League gab. „Enzensberger ist einfach kein Prosa-Autor“, so Weidermann weiter. „Das wird sich auch jetzt, im Alter von 76 Jahren, nicht mehr ändern.“
Volker Weidermann | FAZ
Ursula März erkennt eine „gewisse Abgestandenheit“ und hält in der Frankfurter Rundschau fest: „Aus Kafkas feinem, nie endgültigem Spiel der ästhetischen Kräfte wird bei Enzensberger eine glatt überschaubare Partie Ping-Pong.“
Ursula März | Frankfurter Rundschau
In der NZZ stellt Roman Bucheli die Beziehung zu Kafka ausführlicher dar, um am Ende ein vernichtendes Urteil zu sprechen: „Josefine und ich ist davon nur ein fahler Abklatsch.“ Zur Hauptfigur und ihren Plaudereien heißt es: „Und unablässig legt ihr Enzensberger Aphorismen in den Mund, als sei sie ein wandelnder Zitatenschatz des mehr oder weniger gesunden Menschenverstands. Eine Pappfigur also hält uns der Autor vor Augen und klebt ihr ziemlich achtlos Sprechblasen vor das Gesicht.“
Roman Bucheli | Neue Zürcher Zeitung
Pingpong, Abklatsch, Platitüden, Sprechblasen – einen Trost für das ehemals interessanteste Verlagshaus deutscher Gegenwartsliteratur gibt es immerhin: Das Buch wurde nach eigenen Angaben bereits 20.000 mal verkauft.