© ORF/Johannes Puch
Thomas Stangl
Lutz Seiler
Jan Böttcher
Lutz Seiler
Sonntags dachte
ich
an Gott
Aufsätze
Suhrkamp 2004
Relativ schnell konnte Lutz Seiler eine deutliche Mehrheit der Jury für sich verbuchen und wurde damit zum Bachmannpreisträger gewählt. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert.
Sein Siegertext
Turksib ist ein Auszug aus einem Prosawerk, in dessen Mittelpunkt eine Reise mit dem Zug durch die kasachische Ebene steht. Ilma Rakusa sprach von einer winterlichen Zugfahrt durch radioaktiv verseuchte Gebiete Kasachstans, die zum Ort der Begegnung zwischen einem deutschen Ich-Erzähler und einem russischen Heizer, zwischen West und Ost werde.
Als besonders eindrucksvoll wurde die Heizer-Szene gewertet:
„Vorsichtig deutete der Heizer auf mich: nemetzki?! Noch ehe ich etwas antworten konnte, schlug er die Hacken seiner Stiefel zusammen, die Arme hielt er angewinkelt, das Kinn etwas erhoben, sein kindliches Gesicht wurde abweisend und streng.“
Ijoma Mangold sagte bei der Abstimmung zum Siegertext: „Ich stimme für einen Text, der mit der Kraft der lyrischen Geschmacksverstärkung, die Körper, die Länder, ihre Geschichten und Mythologien im ratternden Rhythmus der Turksib aufeinander prallen lässt.“
In der Stichwahl um den Telekom-Austria Preis konnte sich
Thomas Stangl gegen PeterLicht durchsetzen.
Ilma Rakusa bewunderte diesen Text über Zeit und Raum, ein Text, der schon vom ersten Satz weg sehr schön zu nennen sei. Man erkenne beim Lesen Bilder dieser „Biographie aus verschiedenen Zeiten“.
Erst beim dritten Preis kam der hoch favorisierte Autor und Musiker
PeterLicht zum Zuge. Dafür erhielt er neben dem 3sat-Preis zugleich den Publikumspreis. Iris Radisch hatte ihn eingeladen, ihr Bachmannpreis-
Votum jedoch Lutz Seiler gegeben.
Jan Böttcher hatte bereits im Vorfeld viel Beifall für sein realistisches Erzählen gefunden, so überraschte seine Wahl zum Ernst-Willner-Preisträger nicht, wenngleich er sich erst gegen Michael Stavarič durchsetzen musste.
Die Enttäuschungen des Wettbewerbs waren die hoch gehandelte
Silke Scheuermann und der als genialisches Jungtalent geltende
Jörg Albrecht. Zu fragen bleibt auch, wie es Autoren wie etwa Andrea Grill oder Milena Oda überhaupt in den Wettbewerb schaffen. In ihren Texten erkannte die Jury keinerlei literarische Qualitäten.
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