Johannes Mario Simmel
Es muss nicht immer Kaviar sein
Roman
Schweizer Druck- und Verlagshaus 1960 (Tb Knaur)
Bestseller-Autoren – solche und solche
Was lasen wir Trauriges im Spiegel:
Bestseller-Autor JOHANNES MARIO SIMMEL gestorben
Da ist nicht ein
Autor gestorben, sondern ein
Bestseller-Autor. Fragt sich, ob das eine Steigerung von Autor ist oder eine Degradierungsform. Also: Er war nicht wirklich ein Schriftsteller, sondern nur ein Bestseller-Autor, der Triviales für die Massen schrieb. Oder umgekehrt: Nicht bloß ein namenloser Skribent ist gestorben, sondern ein weltbekannter Bestseller-Autor mit Millionenauflagen.
Simmel starb am Neujahrstag mit 84 Jahren in einem Schweizer Pflegeheim.
„Er war jahrzehntelang Deutschlands populärster Schriftsteller. Seine rund 35 Romane und Erzählungen wurden weltweit mehr als 73 Millionen Mal gedruckt. Die Verfilmungen seiner Werke fanden ein Millionenpublikum. Nun ist Johannes Mario Simmel tot.“ So der Spiegel. Hier zum
aktualisierten Artikel.
Die Zeit fasst es so zusammen: „Der Schriftsteller starb im Alter von 84 Jahren in der Schweiz. Zu seinen wohl berühmtesten Romanen zählte
Es muss nicht immer Kaviar sein.“
Die FAZ bietet einen der
lesenswertesten Artikel und eröffnet: „Es war zuletzt still um diesen unermüdlichen Vorarbeiter in der Bewusstseinsindustrie“. Schon früher hatte sich die FAZ für Simmel stark gemacht, während andere ihn als Autor gehobener Trivialliteratur sahen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung nannte ihn einen „gewissenhaften Chronisten der Zeit“ und einen „demokratisch engagierten Gebrauchsschriftsteller“. Oder meinte sie doch Gebrauchtschriftsteller?
J. D. Salinger
Der Fänger im Roggen
Roman
Little, Brown and Company 1951, USA
(Tb rororo)
JEROME D. SALINGER
Von ganz anderem Kaliber dagegen ist Jerome D. Salinger, der an Simmels Todestag, also Neujahr, seinen 90. Geburtstag feierte. Jerome D. Salinger und
Der Fänger im Roggen – sein einziger Roman – gehören mehr noch zusammen als James Joyce und
Ulysses oder John Dos Passos und
Manhatten Transfer oder Günter Grass und
Die Blechtrommel.
Es ist vielleicht eine besondere Gabe, einen erstklassigen Roman zu verfassen und sich und die Leser dann vor Enttäuschungen zu bewahren, die wohl unweigerlich auf ein Meisterwerk folgen müssen. Grass sollte es sich zu Herzen nehmen. Man kann auf die Übersetzung von Heinrich Böll und dessen Frau Annemarie Böll zurückgreifen. Oder auf eine neue von Eike Schönfeld aus dem Jahr 2003. Wiederlesen empfehenswert.
The Catcher in the Rye erschien übrigens 1951, im selben Jahr kam Heinrich Bölls erster Roman heraus:
Wo warst Du, Adam? Und wenn wir die Auflagenzahl mit Simmels Gesamtwerk vergleichen, muss sich Salinger nicht verstecken. Bereits 1960 lag die Auflage bei 10 Millionen, als Longseller verkauft sich das Buch bis heute jährlich etwa eine Viertelmillionenmal.
Kleine Probe gefällt? Hier der Auftakt:
Wenn ihr das wirklich hören wollt, dann wollt ihr wahrscheinlich als Erstes wissen, wo ich geboren bin und wie meine miese Kindheit war und was meine Eltern getan haben und so, bevor sie mich kriegten, und den ganzen David-Copperfield-Mist, aber eigentlich ist mir gar nicht danach, wenn ihr's genau wissen wollt.
HAROLD PINTER
Nicht zu vergessen: Eine Woche vorher, am 24. Dezember 2008, war der Dramatiker Harold Pinter im Alter von 78 Jahren gestorben. Mit einer Trauerfeier wurde der britische Literatur-Nobelpreisträger nun im Kreis der Familie beigesetzt. Eine schöne Erinnerung an Pinter brachte die
FR online. Wenn Harold Pinter wohl auch nicht so viel Bücher verkaufte wie Simmel, so wurde ihm dennoch 2005 etwas Bestsellerruhm zuteil. Sein Deckname beim Nobelpreiskomitee, so wird berichtet, sei Harry Potter gewesen.
Wirtschaftskrise
Vom Auto zum Buch
Das
Börsenblatt fragte den Literaturwissenschaftler Albrecht Koschorke, ob das Buch als Konsumersatz in Zeiten tauge, in denen man sich kein neues Auto mehr leisten kann.
Antwort: „Das halte ich für unwahrscheinlich, solange man mit Büchern nicht fahren kann. Im Ernst: Bücher und Autos können sich nicht wechselseitig ersetzen, aber mit Blick auf die schrumpfenden Ölvorräte würde ich eher auf die Zukunft von Büchern als von Autos wetten.“
Rütteln am ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Kulturgüter
Der
Deutsche Kulturrat blickt recht pessimistisch ins neue Jahr. Die Finanzkrise werde am Kulturbereich nicht vorbeigehen.
„Zwar ist der Etat des Kulturstaatsministers für das Jahr 2009 erneut angestiegen, doch könnte es im Jahr 2010 schon ganz anders aussehen. Neben Einsparungen im Etat des Kulturstaatsministers könnte ein Rütteln am ermäßigten Mehrwertsteuersatz für Kulturgüter oder eine Absenkung des Bundeszuschusses zur Künstlersozialversicherung dem Kulturbereich schweren Schaden zufügen. Der Deutsche Kulturrat wird sich 2009 deshalb vor allem für die Stärkung der indirekten Kulturförderung z.B. durch die Steuer-, Sozial- und die Urheberrechtspolitik einsetzen.“
Titel zur Krise
Natürlich hat die Krise auch ihre Vorteile. Jedenfalls wurden selten so viele Bücher mit dem Thema Krise geschrieben, verkauft und vielleicht auch gelesen. Darunter so schöne Titel wie:
Brot und Spiele. Schadlos durch die Wirtschaftskrise (Andreas Popp)
Der Crash kommt (Max Otte)
Besiege den Crash! (Robert R. Prechter)
Wall Street Panik – Banken außer Kontrolle (Wolfgang Köhler)
Ende einer Legende
Buchhandlungs-Krisenbotschaft aus Leipzig: Die Buchhandlung Franz-Mehring-Haus, zu DDR-
Zeiten eine weit über die Grenzen der Buchstadt ausstrahlende Institution, wird geschlossen. Zeitweise war es die größte Buchhandlung der DDR.
Klicktipps
Demjenigen, der Listen mag, sei die Zeit-Leser-Bestenliste des Jahres 2008 empfohlen. Man ist vor großen Überraschungen sicher. Jedenfalls führt Siegfried Lenz das Feld an.
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Hier findet man die meistverkauften Bücher des Jahres vorgestellt. Mit 1,3 Millionen Exemplaren unangefochten auf Platz 1: Charlotte Roche mit ihrem Debütroman Feuchtgebiete.
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Und wer noch mehr Listen braucht, findet sie hier. Die 50 wichtigsten deutschen Autoren, angeführt von Heinrich Heine, oder die wichtigsten Autoren von morgen. Zugegeben, dies alles kann nur als Demonstration dafür gelten, wie unsinnig Charts in der Literatur sind. Überzeugen Sie sich selbst:
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Ein spektakuläres Jahr 2009 mit oder ohne Krise wünscht
Andreas Heidtmann