Trubel um Ruhm
Rowohlt macht seine Warnung wahr und verklagt den Spiegel, weil der sich nicht an die Sperrfrist hielt und eine Rezension zu Kehlmanns
Ruhm zwei Wochen vor Erscheinungsdatum veröffentlichte. Um diesen
Ruhm gibts doch schon genug Tamtam. Jetzt macht man also auch noch ums Tamtam Tamtam herum.
Was schwatzt da der Rowohlt Marketing- und Vertriebschef Lutz Kettmann? »Für uns stand fest: Wir tun das, was wir auch angekündigt haben. Es geht letztlich auch darum, ein Zeichen zu setzen.« Ja, und alle Zeitungen, die einen Vorabdruck bringen, sollte man gleich mitverklagen. Da stehen dann auch die Leute im Laden, nerven die Buchhändler und sind frustriert, wenn sie das Buch nicht haben können. Und die Verlage? Ja, verklagt auch die Verlage. Leseproben vor Erscheinungsdatum auf den Internetseiten ist höchstkriminell. Bitte, massenkriminalisiert den Literaturbetrieb. Vollkommen zu Recht! Schon mal was von Vorfreude gehört? Nein? Dann verklagt doch Weihnachten.
Ok, in aller Ruhe: Ina Hartwig hat ja vollkommen recht, wenn
sie schreibt: »dass Rowohlt nun klagt, ist konsequent – und richtig. Denn würde die selbst inszenierte Drohgeste folgenlos verpuffen, wären Zynismus und Arroganz letztlich Recht gegeben.« Aber muss das Tamtam mit einer Sperrfrist, die mit 250.000 Euro Strafe bei Nichteinhaltung bedacht ist, überhaupt sein? Und wer verschickt überhaupt so früh die Fahnen? Mensch, andere Verlage würden ein Fest feiern, wenn sie überhaupt mal eine Rezension in einem großen Feuilleton bekommen würden.
Papierlos und nüchtern
Nachdem wir uns schon in Frankfurt erschlagen lassen durften vom E-Book, jetzt also auch in Leipzig. Sony bringt sein Lesegerät PRS-505 am 11. März 2009 in Deutschland auf den Markt. Obwohl
libreka! auch noch zeitgleich seinen
E-Book Verkauf startet, lassen sich große Verlage wie S. Fischer dadurch erst einmal
nicht aus der Ruhe bringen.
Warum auch, wenn man durch das ganze Formatwirrwarr und der schwebenden Akzeptanz der Nutzer gar nicht weiß, wo es hinläuft. Der Verlagsberater Ralf Alkenbrecher liefert aber eine sehr
realistische Einschätzung: »Prognosen wie von Mathias Horx über 15 bis 18 Prozent halte ich für völlig überzogen. Ich denke, dass ein Anteil von drei bis fünf Prozent 2014 realistisch ist.«.
Der Kerr Preis
Der Preis für Literaturkritik benannt nach dem faszinierendsten Kritiker des 20. Jahrhunderts findet in Gregor Dotzauer einen neuen Träger. Dotzauers »Arbeiten bestechen durch komplex entwickelte Argumentation. Dieser Autor strengt seine Leser auf beglückende Weise an«, so die Begründung der Jury.
Gregor Dotzauer ist seit 1999 Literaturredakteur des Berliner
Tagesspiegels. Zuvor arbeitete er unter anderem für die
Frankfurter Allgemeine Zeitung, die
Süddeutsche Zeitung und die
Zeit in den Bereichen Literatur und Film. Zu den bisherigen Preisträgern zählen Hubert Winkels, Paul Ingendaay, Hubert Spiegel, Elmar Krekeler und Felicitas von Lovenberg. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und wird während der Leipziger Buchmesse am 12. März 2009 vergeben.
Schöne Bücher
Die hat auch Österreich. Und das will man natürlich würdigen. Zum 56. Mal wurden »Die schönsten Bücher Österreichs« gekürt. Insgesamt
15 Bücher sind es, die die Jury überzeugten. Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur und der Hauptverband des Österreichischen Buchhandels spendieren für jedes ausgewählte Buch 3.000 Euro.
Ausgezeichnet werden Bücher in den Kategorien Allgemeine Literatur, Kunstbände und Fotobücher, Kinder- und Jugendbücher, Sachbücher und wissenschaftliche Bücher, Lehr- und Schulbücher, Sonderproduktionen und Bücher, die nicht in den Handel gelangen. »Die schönsten Bücher Österreichs« dürfen jetzt nicht nur am Wettbewerb »Die schönsten Bücher aus aller Welt« teilnehmen, sondern werden auch bei Ausstellungen auf den Messen in Leipzig, Frankfurt und Wien präsentiert.
Mal wieder was Ordentliches
Das wird fein. Vier Abendvorträge, ein Seminar und ein wissenschaftliches Kolloquium von, mit und über Wilhelm Genazino. Der wird im Sommer die seit 1986 bestehende
Poetikprofessur der Otto-Friedrich-Universität Bamberg übernehmen. Da darf man gespannt sein, was Genazino in Bamberg so erzählen und lehren wird. Erfahren genug ist er ja mit Poetikprofessuren. 1997/98 hatte er eine Gastdozentur an der Universität Paderborn und 2005/06 hielt er die Frankfurter Poetik-Vorlesungen. Bamberger Poetikprofessoren waren zuletzt John von Düffel, Hanns-Josef Ortheil, Ulrike Draesner, Uwe Timm, Adolf Muschg und Jan Koneffke (
im poetenladen). Die Ergebnisse des Forschungskolloquiums erscheinen in Buchform bei Wallstein.
Im verzauberten gehau
Unter diesem Titel veranstaltet das
Lyrik Kabinett München am Donnerstag, dem 12. Februar 2009 um 20 Uhr, einen Abend zu Stefan George. Urs Allemann und Michael Braun (
im poetenladen) überprüfen den Mythos George anhand von Thesen zu Georges Poetik und führen ein Gespräch über exemplarische Gedichte aus den Bänden
Das Jahr der Seele (1897),
Der Siebente Ring (1907) und
Der Stern des Bundes (1914). Was von Georges »Idee einer reinen Sprache« bleibt, wird sich hoffentlich herausstellen.
Klicktipps
Druckfrisch. Dennis Scheck im Gespräch mit Daniel Kehlmann (
als Video), mit Jürgen Neffe (
als Video) und sein Kommentar der Top Ten (
als Video).
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Ja zur Buchpreisbindung – aber nicht um jeden Preis. Der SBVV gibt eine neue Stellungnahme zum Entwurf des Buchpreisbindungsgesetzes in der Schweiz.
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Zum selben Thema ein Beitrag der NZZ unter dem schönen Titel »Sie reden von Kultur und meinen Geld«.
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Ein Nachfolger von EH ist noch immer nicht gefunden; dafür aber die Entscheidung, dass es ab Frühjahr weiter geht mit
Lesen!
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Ausm Woid. Eine
kurze Besprechung der Anthologie
Geruch von Feuer herausgegeben von Rüdiger Fischer, der aus seinem
Verlag im Wald immer wieder feine Editionen liefert.
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SWR Buchkritik. Die Literaturkritiker Sibylle Cramer, Jörg Drews, Hajo Steinert und Eberhard Falcke (Moderation) diskutieren über ausgewählte Bücher der SWR Bestenliste: Thomas Bernhards
Meine Preise (
als mp3), Nico Bleutges
Fallstreifen (
als mp3), Wilhelm Genazinos
Das Glück in glücksfernen Zeiten (
als mp3) und Gabriela Avigur-Rotems
Loja (
als mp3). Zudem Günter Kunerts
Auskunft für den Notfall (
als mp3) und Michael Krügers
Reden und Einwürfe (
als mp3).
Zitat der Woche:
»Ach, mit der Lyrik ist es genau dieselbe Sache wie mit der Prosa: Sie ist einfach und kompliziert zugleich. Vor allem aber einfach.« (Sibylle Cramer in der Kritik zu Nico Bleutge). Ach, ich bin des Lästerns müde – kein Kommentar.
ihr wf schmid