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Judith Keller
Die Pinien schaukeln


Die Pinien schaukeln, mir ist übel von dem schnellen Gehen, etwas ist ein wenig zugeschnürt bei der Kehle, aber schön ist es, die Pinien schaukeln und mir ist übel von dem schnellen Gehen, die Pinien schaukeln, die Pinien schaukeln, es ist warm, es ist warmer März in Südfrankreich, auf dem Boden liegen die verdorrten Nadeln eng beeinander und dazwischen an einigen Stellen züngelt der Fels hervor. Ich atme tief ein, wie man es macht in der Provence, man schliesst die Augen und atmet tief ein, es riecht nach dem Taubengurren oben im Dorf, dem ewigen Taubenseufzen immer im selben Rhythmus, hinten werden die Hügel blau und in den Tälern dunstig, man hört das Rauschen der Autobahn.

Vor allem er hört es und es macht ihn wütend. Er geht schneller als ich, schaut auf die Karte, geht weiter, schaut wieder. Ich klemme seinen hellen Körper mit meinen Wimpern ein, es blendet, er trägt einen Strohhut und helle Shorts, geht mit Schritten vorwärts, so draufgängerischen, er liebt das Schwitzen. Er mag es, mit der Faust in die Luft zu schlagen, die Kraft in den festen Armen zu spüren. Ich gehe langsamer als er, die Pinien wanken und das Meer weit hinten ist ein Strich auf nassem Papier, mir ist das Schlucken schwer von dem schnellen Gehen, die Kehle ist ein wenig zugeschnürt. Wir gehen seit vier Stunden ohne Pause bergauf über weisse Steine und Sträucher, die sich nach einer Seite ducken, immer der Wind und das Rauschen und der Wind und das Rauschen und das Geräusch des blauen Himmels über allem wie ein Summen, wieder das Autobahnrauschen, er muss schneller gehen, weg von dem Rauschen.

Für ein paar Tage sind wir hergekommen in das alte Städtchen, seit gestern sind wir hier und heute wandern wir fünfundzwanzig Kilometer, fünfundzwanzig Kilometer bis nach Ollioulle. Das Wort Ollioulle stand auf einem Schild in den Weinreben, gehen wir, fragte er und ja, ich wollte auch, einen Rucksack hatten wir dabei und es war wichtig, einmal im Leben in Ollioulle gewesen zu sein. Durch Felder von erstarrten Wurzelhänden gingen wir, die Erde war rissig und ohne Fussspuren, immer bellte ein Hund von einem Weingut in der Nähe und wir schwiegen aus Angst vor dem Hund, der so französisch bellte und wer weiss, nicht angebunden war. An verlassenen Villen kamen wir vorbei mit riesigen Eingangstoren, auf der Veranda eines rosa Hauses mit geschlossenen Fensterläden haben wir Baguette und Käse gegessen, schwitzender Käse, dem die Tropfen auf der Wange standen und träges, müdes Baguette. Den Zikaden haben wir zugehört und seine Haut war klebrig, es war nicht die Zeit, um sich zu küssen, aber ich legte meinen Kopf auf seinen Schoss.

Wir haben zu kurze Haare, um uns heute schön zu finden. Heute Vormittag im kleinen Coiffeursalon hat ihm Madame sein ganzes Räubertum vom Kopf geschnitten. Vorher war er ein Räuber mit vielen Locken und ich kam mir vor wie im Wald geraubt, das gefiel mir. Jetzt ist seine Stirn ganz unbehangen, sein Gesicht fromm wie eine renovierte Kirche, auf der das weggeschnittene Efeu helle Stellen liess. Meine Haare sind auch zu kurz geraten, weil Madame schneidet und auf die Strasse schaut und mit allen gleichzeitig spricht. Am Schluss fragt sie: t'es contente? und ich sage: oui, bezahle, und grüsse den Rest der Ferien mit meinen zu kurzen Haaren, wenn ich an ihrer Fensterscheibe vorbei gehe. Sie winkt mir mit den Augen und schneidet weiter.

Am Morgen frühstückten wir auf dem Balkon und der Himmel war blass, blasser, als ich ihn von früher kannte, das Blau mit mehr Wasser verdünnt. Aber die Hügel sind dieselben, voller Weinreben und bauchiger Bäumer, rechts stehen ein paar Palmen und dann das Taubengurren, das ewige Seufzen, Seufzen. Er strich Honig in das Baguette, in das hat er vorher die Daumen gegraben, in der Mitte aufgerissen, den weichsten Teil herausgeklaubt und in den Mund geschoben, aber zuerst hat er daran gerochen, wie man es macht in der Provence, wo es so schön ist, dass man es oft sagen muss, was er auch tat und dann tief in das Honigbrot biss. Und mir traten Tränen aus den Augen und rollten unter der Sonnenbrille hervor über die Wange, Taubengurren, Taubengurren, der weisse Tisch glühte in der Sonne, sein Mund hörte auf zu kauen, seine Hand sank nieder, seine Mundwinkel sanken nieder, alles an ihm sank nieder, die Schultern, die Brauen, er stand auf, kam zu mir herüber um den Tisch herum, legte seine Arme um mich und atmete mir an den Hals, das war warm und kitzelte und das Geländer des Balkons war heiss und ich hielt mich fest an den Kringel und Bögen und die Tränen liefen weiter, tropften auf die roten Kacheln.

Mit dem Zug von Genf nach Marseille fuhren wir gestern und dann mit dem Regionalzug bis nach St. Cyr – Les Lecques. Kaum vier Stunden bis nach Marseille und Paul sagte, nicht einmal Zeit hat man, eine Landschaft zu verstehen, die Bäume und Mäste flitzten vorbei, Pauls Augen zitterten. Wir gingen in den Speisewagen und tranken Kaffee und schauten aus den Fenstern, die hier grösser waren und durch die wir die Bäume länger sehen konnten, vor allem ich, weil ich rückwärts schaute und Paul vorwärts, wie immer. Fast die ganze Reise verbrachten wir im Speisewagen, bis der Zug vor Marseille verlangsamte. Breitschultrige Plattenbauten standen an den Gleisen, den Wind glaubten wir zu sehen, wie er an den Büschen riss oben auf den graugrünen, gedrückten Bergen. Beim Umsteigen war die Luft schon französisch und in den Selectakästen die Madelaines, wir stiegen in den Regionalzug nach St.Cyr und da war kein Bus, darum ein Taxi. Der Taxifahrer sprach von der Angst vor dem Meer der frühesten Bewohner, deshalb die kleinen Dörfer an den Hängen, weit weg von fremden Schiffen, weg von dem Rauschen und Klatschen, den Wellen, die sich schäumend an die Klippen werfen und wie Zungen das Land belecken, drohen, alles mitzunehmen.

In den Gässchen am Abend war alles ruhig, nur ein einzelnes Motorrad brüllte, und wir zuckten auf vor Schreck. Um diese Zeit ist es kühl in der Provence, am besten, man trägt einen Mantel gegen den Wind, der hier haust, den Mistral, dem man sich entgegen wirft auf freier Fläche mit gesenktem Kopf wie ein Stier. Im Sommer ist es auch in der Nacht lau und die Luft streicht einem als Katze um die Waden, aber es ist erst März, um acht schon dunkel und still. Es ist ein kleines Dorf mit kleinem Kern, vorne an der Ecke ein Platz mit Bäumen, und daneben die Charcuterie mit dem Verkäufer in weisser Schürze und Blutspuren. Die Pizzeria gehört Olivier und seinem kleiner Bruder, aber Olivier sei nach Spanien ausgewandert, pas assez de travail, erzählte Vincent, der Bruder, in den ich früher verliebt war, immer zwei Mal im Jahr. Souhaitez vous un petit apéritiv, des olives, déjà du vin? Et ta famille, elle va bien? Cette fois nous sommes seuls ici, sagte ich. Und dann, weil ich es weiss und doch nicht : Mon père est mort mon père est mort mon père est mort mon père est mort mon père est mort mon père est mort mon père es mort mon père mon père mon père aber eigentlich sagte ich es nur einmal und Vincent sagte lange nichts.

Vincent sagte, je suis vraiment désolé, und ich bestellte eine Pizza und Paul etwas aus der Provence und während wir warteten, schoben wir unsere Finger ineinander und betrachteten ihre Kurven, die Drehung des Ringfingers nach links und die Drehung des Zeigefingers nach rechts. Sie glichen sich wie die Hände von Geschwistern, fanden wir, nur meine Nägel sind gerissen und seine gekaut, seine Hände immer warm und meine immer kalt. Wir waren die einzigen in dem kleinen Restaurant, wie wir überall die einzigen sind zu dieser Jahreszeit, und als wir das Restaurant verliessen, schüttelte mir Vincent lange die Hand. Es war nachher so ruhig in den Gässchen, dass wir kaum sprachen. Jeder Satz klang ausgestellt und gegenüber dem Taubenklagen so unwichtig. Zurück in der Wohnung waren unsere Bäuche prall gefüllt, wir schauten uns von der Seite im Spiegel an und lachten und ich versteckte mich unter Pauls T-Shirt und war sein Herzklopfen, dann gingen wir auf den Balkon, hörten der Nacht zu, die klang und roch nach Zikaden und Palmen und das Rauschen der Autos wurde zum Geruch wie hier alle Geräusche zu Gerüchen werden. Kurz sah ich meinen Vater, wie er am Geländer stand in der Nacht und über die Hügel schaute, die Luft einsaugte, sich gegen das weisse Geländer lehnte. Und Paul konnte die Autobahn immer weniger überhören und sich vorstellen, es sei das Meer, das rauschte und die Wellen, und als ich ihm sagte, da hinten über dem Hügel könne man die Gischt aufspritzen sehen, sagte er, am Liebsten würde er die Autos wie Ameisen zertreten.

In der Nacht waren die Fenster geöffnet und die Luft zog herein, ich fror und hörte den Hund, der irgendwo bellte und die Wurzelhände in den Feldern, deren Finger in der Nacht nach dem Wind haschen, der sie umspielt. Und die Kirche schwieg, die Kirche schlief, die früher ihre metallenen Schläge ernst abgezählt hatte, Nacht für Nacht, Stund um Stund, das fehlte mir und der Zigarrenrauch aus dem Wohnzimmer, den ich früher hasste und ich konnte nicht schlafen und das Glas Wein auf dem Tischchen war nicht mehr da, die grossen Schuhe beim Eingang nicht, mein Vater nicht, der das Licht an der Decke mit einem Schuss aus dem Regenschirm löschte.

Paul lag neben mir und atmete ruhig, sein Rücken war mir zugekehrt, er friert nie und ich drückte mich an ihn, lauschte mit dem Ohr an seinen Schultern und hörte nur Wärme und dachte an damals. An viel anderes und an die Nacht im Sommer, in der mein Vater und ich vor einer morschen Holztüre standen, vor einem Garten, in diesem Dorf. Unten war ein Spalt und ich legte mich auf den Boden und kroch hindurch, danach kam mein Vater, legte sich auf den Boden und stand dann auf. Mein Vater flüsterte, wir duckten uns. Um uns herum wuchsen Pflanzen so gross wie ich, die raunten und mit den Blättern schaukelten und einen schwerer Duft verströmten, der in der Nacht auf dem Boden lag wie ein Nebel, den man beim Gehen zerteilte, und mein Vater schloss die Augen, seine Nase suchte den Himmel, er atmete ein, aus, hielt die Augen geschlossen. Ich hielt seine Hand, die war immer warm und auf seinen Fingergelenken waren Falten, deren Kreise sich wie Wasserringe nach aussen vergrösserten und tief eingekerbten Flüsse, die sich in Bäche aufspalteten und im Handbett vertrockneten. Ich fühlte die ganze warme Fläche seiner Hand wie noch nie zuvor und plötzlich biss ich in sie hinein, er zuckte zusammen, aber dann kam Licht in eines der Fenster und eine schwarze Gestalt stand darin und schaute in den Garten. Neben uns war ein dichter Busch, wir machten einen Schritt und duckten uns. Er hielt den Zeigefinger vor die Lippen, lauschte. Die Gestalt am Fenster stand lange still, wir atmeten kaum, sie schaute durch unseren Busch, glaubten wir, fühlten wir, und plötzlich bewegte sie sich mit einem Ruck, das Licht erlosch. Wir krochen hinter dem Busch hervor, standen in einem Garten, über den nachts eine schwarze Gestalt spähte, wichen zurück vor der Gestalt, dem Fenster, den aufgebäumten Pflanzen, dem schweren Duft, wichen zurück zu dem Holztor, legten uns auf den Boden, schlüpften durch die schmale Öffnung, ich zuerst, dann mein Vater, irgendwo bellte ein Hund, dann standen wir nebeneinander auf der Strasse und schauten uns um, niemand war da und wir lachten ganz kurz und ganz leise. Hand in Hand gingen wir schweigend durch die Gässchen, kurz hielten wir vor einem beleuchteten Pool und zählten die toten Fliegen im hellblauen Wasser, dann gingen wir zurück in die Wohnung. Es war an jenem Abend, als ich ihm das Sterben verbat und er lachte und sagte, hoffentlich darf ich, und noch eine Weile sitzen blieb auf dem Bett, indem wir jetzt schlafen, bevor er aus dem Zimmer ging in das Wohnzimmer, um zu lesen und zu rauchen und roten Wein zu trinken.

Und wie er heute früh am Morgen auf dem Balkon in der Sonne sass und las, auf einem gelben Klappstuhl unter einem wackligen Sonnenschirm, dem Bleistift über dem Ohr und den Beinen übereinander geschlagen und dem Buch auf den Knien, schaute ich ruhig zu, bis Paul mit dem Bleistift über dem Ohr, den übereinander geschlagenen Beinen und dem Buch auf den Knien, sich zu mir drehte, aufstand, mich küsste.

Wie wandern seit vier Stunden, die Pinien schaukeln, Paul hat schöne Waden, die Pinien schaukeln und der Wind. Wir kommen zu einer verlassenen Militärfestung, die einmal in den weissen Felsen gehauen worden war und uns aus hohlen, engen Augen anstarrt. Langsam gehen wir an ihr vorbei, spüren die Felsenblicke im Nacken. Dann kommt ein Schild, attention, domaine militaire und darunter steht noch etwas, was wir nicht verstehen. Wir gehen trotzdem weiter durch die kleinen Wege zwischen den Büschen, es riecht nach Thymian und Harz und alles ist nadelig hier und widerständig und seltsam still. Der Wind weht unaufgehalten den breiten Grat entlang und rüttelt an uns. Wir gehen jetzt dicht aufeinander. Paul hat Angst, das sieht man seinem Gang an, etwas daran ist geduckt und bereit, weg zu springen. Es ist ruhig, nur der Wind wirft sich herum. Wir gehen weiter, ich warte auf einen Schuss. Wir sind bereit, zusammenzuzucken, wir sind bereit, uns auf den Boden zu werfen, wir sind bereit, niederzufallen. Der Schuss kommt nicht. Wir bleiben verkrampft und stumm.

Wir kommen an eine breite Teerstrasse, Paul schaut auf der Karte nach, es wird schon langsam dämmerig, es ist nicht mehr so weit. Wir gehen und gehen, es ist nicht mehr anstrengend, die Beine wissen, was zu tun ist. Dann geht es bergab, wieder einem schmalen Weg entlang, der wie ein Rinnsal zwischen den Sträuchern und Bäumen hindurch fliesst. Die ersten Hausdächer, rote Ziegeldächer, Ollioulles, on arrive, on arrive, es ist jetzt schon fast dunkel. In den Gässchen sind Wäscheleinen von Fenster zu Fenster gespannt, in kleinen Gruppen unterhalten sich die Menschen am Anfang der Gässchen, die so schmal sind, dass man denkt, sie mit ausgestreckten Armen auseinanderdrücken zu können. Viele Algerier und Marokkaner sind dabei und plötzlich laufen wir in ein nasses Leintuch, das zum Trockenen vom zweiten Stock heraus hängt und bis auf den Boden reicht. In einem arabischen Geschäft kaufen wir eine Banane, obwohl wir keinen Hunger mehr haben, es ist die süsseste, die ich je hatte. Die Dunkelheit legt sich klebrig auf unsere nassen Rücken, wir frieren und müssen zum Bahnhof, zum Bahnhof und dann mit dem Zug zurück. Wir finden den Bahnhof nicht. Wir fragen, c'est pas loin, sagt ein junger Mann, drei Kilometer. Er fährt uns hin, freiwillig und doch vorwurfsvoll, im Auto riecht es nach Tabak und Schweiss. Ich erzähle, wie weit wir gelaufen sind und er sagt, vous êtes jeunes. Er lacht in den Rückspiegel, seine Zähne sind weiss und schon lange übereinander geraten.

In vier Minuten kommt unser Zug. Wir stopfen die Münzen in den Kasten, es klirrt, die Billete sind warm. Von weitem sehen wir die Zuglichter. Das muss unser Zug sein, nehmen wir an, auf der anderen Seite, der sich nähert, der Zug kommt, kommt schon jetzt und wir stehen da, auf der falschen Seite, schauen uns um, finden keinen Übergang, finden den Übergang nicht, finden keinen Übergang, keine Unterführung, niemand steht da, den wir fragen könnten und die Zuglichter, die Lichter, die Lichter, komm, sagt Paul, geht über die Schienen, läuft auf den Schienen, rennt nicht einmal, ich mache einen Schritt, der Zug kommt, hält nicht, hält nicht, es ist ein anderer Zug, die Lichter, die Lichter! der Zug saust, schnauft, kreischt, ein Hupen, ein Rauschen, ein Winden, ein Wanken, der Zug ist weg, ich stehe noch, öffne die Augen, da steht Paul, steht auf der anderen Seite, steht einfach so da und ist noch nicht tot.

Wir sind zurück, gekommen mit unserem, dem richtigen Zug, der fünf Minuten später hielt. Es ist schon zehn. Wir wissen nicht, was wir mit uns anfangen sollen. Wir gehen wieder Pizza essen. Danach sitzen wir auf dem roten Gang in der Wohnung auf dem kalten Boden. Wir haben uns noch nicht geduscht, die Haut ist immer noch klebrig und spannt. Ich frage ihn, ob er mich liebt. Er findet, dass das jetzt nicht das Thema sei. Etwas bewegt sich in seinem Körper, bäumt sich auf. Der Zug kommt, das Rauschen, der Luftschwall, wir zucken zusammen, werden vom Zug gepackt, immer wieder, jeder zu einer andern Zeit. Mir ist kalt. Ihm ist nie kalt. Ich will aufstehen und die Kinderbilder, die an der Wand hängen, zerreissen, die gemalten Weinreben verschwimmen vor meinen Augen, beginnen, ihre Finger zu bewegen, ertrinken in der Luft, ich liege auf dem Boden, schreie um meinen Vater, will das Rauschen anhalten. Paul streicht mir über den Arm, seine Hand ist warm und sieht aus wie meine, die aussieht, wie die meines Vaters, die aussieht wie Pauls, die aussieht wie meine, die aussieht wie die meines Vaters, nur immer kalt ist, während seine immer warm war, bis auf das letzte Mal, wo sie kühl war und die Gässchen und Bäume und Häuser sind geblieben, dösen vor sich hin, haben uns längst vergessen, haben uns nie bemerkt, die Pinien schaukeln jeden Tag, mir ist ein wenig übel, ein wenig ist etwas zugeschnürt bei der Kehle, aber schön ist es hier, schön ist es, immer noch glaube ich, und ein paar Tage bleiben wir noch, Paul und ich.
Judith Keller     01.09.2008   
Judith Keller
Prosa