Debütpreis für Karina Roth, August 2005

Karina Roth ist weit mehr gelungen, als die Welt in einem Stück Prosa einzufangen. In undramatischer, nahezu diskreter Art und Weise zoomt sie kleinste Details heran und zeigt nach und nach all die Verwerfungen, leisen Verstörungen und Haarrisse im Kosmos ihrer Figuren auf, macht sie zum Fixpunkt unserer Aufmerksamkeit, bis der Text nicht mehr nur die Realität abzubilden, sondern sie selbst zu reflektieren scheint.

Die schriftstellerische Kraft dieses Textes steckt aber nicht nur in der Detailliebe, sondern vor allem in der Sprache, die geradezu verführerisch mitreißend ist. Dem bisweilen melancholischen Tonfall verleiht die Autorin einen verhalten poetischen Duktus, der wie beiläufig zwischen den Zeilen aufblitzt und dabei jedes Pathos missen lässt.

Es passiert nicht viel und doch alles, will man erstaunt konstatieren, während Karina Roth sich souverän der Vergangenheit annähert, um sie schließlich bei (und mit) Kowalsky behutsam – Wort für Wort – aus der Gegenwart heraus zu schälen. Hier schreibt keine Autorin mit literarischer Zornesröte im Gesicht, die den Vorhang zwischen Schein und Sein zerfetzt. Karina Roth schiebt ihn lediglich ein Stück weit beiseite und überlässt dem Leser, ob und wieviel von seiner eigenen "Straße des Möglichen" er zu sehen bereit ist.

Jury »Debütpreis online« über Karina Roths Prosa