Cantabile: Der Raum war staubig
An der Decke meines Arbeitszimmers:
die gleißende Lampe,
auf versiegeltem, glattem Parkett:
Flusen von Staub.
In den Bücherregalen: Semiotik, Rhetorik,
Gelehrte. Sauer und kraftlos. Fast könnte
man sagen, da klafft, da gähnt
ein Abgrund, wäre man traurig oder
gäbe man nach.
Zwischen den Büchern: zwei blinzelnde Zwerge,
Nippesfiguren für Kinder, Mikesch und Snoopy,
Geschenk meiner Freunde.
Salut, Kater Mikesch, an dumpfen Tagen
spende mir Trost, entfernter
Verwandter aus Böhmen,
sprachbegabt, buschiger Schweif!
Und Snoopy, Beagle, mit klugen Augen,
stoischer Weiser der hölzernen Hütte,
Epikuräer vom schleckigen Fressnapf,
geduldig im Umgang mit Woodstock,
oftmals der Sieger im Kampf
mit dem roten Baron,
erbarme dich meiner,
hilf mir aus der Starre,
ich verdöse die Zeit.
Siehe! Es springt
samtpfotig der Kater
vom Bücherbord, landet
auf staubigem Schleiflack,
wo Snoopy schon wartet,
großnasig, funkelnde Augen.
Sie tanzen die böhmische Polka,
sie tanzen den Boogie, groß ist
das blitzende Messing des
Bugle Call Rag. Und Harry James
ist des blitzenden Messings Prophet:
Trumpet Blues & Cantabile,
Glenn Miller steigt ein:
Chatanooga Choo Choo
Vor dem Bücherregal: Gene Krupa.
Sein Schlagzeug wirbelt zur Klarinette
von Benny: Sing, Sing, Sing, Sing.
Es fliehen kreischend die Flusen.
Auferstanden aus dem Grabe
tanzt ein Gott
quer durch das Zimmer,
lebend in drei Personen,
in Snoopy und Mikesch
und jemand
wie mir.