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Jürgen BuchmannWird in Afrika Irisch gesprochen?Eine viktorianische Wüsten- und Urwaldposse mit Kanonen und Nilpferd Kurzkritik
„Was haben Ketten mit Kelten und Kanonen mit Konjugationen zu tun“, fragt der Erzähler auf Seite 26 von Buchmanns schmalen Büchlein. Um die Frage zu beantworten, muss man seine Wüsten- und Urwaldposse lesen, was schnell erledigt ist; 31 Seiten liest man, selbst wenn man sie – was dringend empfohlen sei – laut liest, recht schnell durch. Doch damit ist es nicht getan, denn kaum ausgelesen, weckt das Buch den Wunsch, gleich noch einmal von vorn zu beginnen. Und noch einmal. Denn die Geschichte, die hier erzählt wird, und wie sie erzählt wird, lässt sich auf mindestens drei Ebenen genießen. Da gibt es zunächst den Essay von Robert MacAdam, auf den Buchmann „irgendwann in der Tropenhitze“ eines „Bielefelder Sommers“ (wer nach diesem Anfang noch aufhören kann zu lesen, ist selbst Schuld) gestoßen ist, und den er hier in Übersetzung vorlegt. MacAdam verfolgt in seinem Essay die Spur verschiedener Gerüchte, die besagen, dass es in Afrika Gegenden gebe, in denen Irisch gesprochen werde. Dass es sich dabei um das Dokument „einer frühen, methodisch noch in den Anfängen liegenden Keltistik“ handelt, wird nicht in wissenschaftlich ermüdender Weise gezeigt, auch nicht journalistisch-hämisch, sondern schlicht durch die Konfrontation des Textes mit eingestreuten Spielszenen vor Augen geführt. Diese eingestreuten Szenen machen die zweite Ebene des Textes aus, auf der nicht mehr nur von einer unausgereiften Keltistik gehandelt wird, sondern von einem ganz allgemeinen Phänomen, dem Wunsch des Menschen, die weißen Flecken auf den Landkarten, sei es der Welt, sei es seines Denkens, nicht nur zu füllen, sondern die unbekannten auch gleich mit den bekannten Gegenden zu verknüpfen. Hier etwa kommt das Nilpferd mit dem aufgerissenen Maul ins Spiel, „abwechselnd schwarz wie Ebenholz aus Kamerun und rosa wie irische Glockenheide“.Auch dies ist interessant zu lesen, und die Suche nach dem Eigenen im Fremden ist uns vielleicht nicht mehr so fremd, wie es der Wissenschaftsdiskurs des 19. Jahrhunderts ist. Die dritte Ebene ist die, auf der Buchmann sich, wie schon in den vorangegangenen Büchern Grammatik der Sprachen von Babel und Memoiren eines münsterländer Mastschweins als grandioser Erzähler und Formulierer erweist. "Der Bibliothekssaal der Königlichen Irischen Akademie fällt in mittägliches Schweigen zurück, getönt von den Lichtreflexen des polierten Mahagonis und der goldenen Dämmerung der Folianten, die in irischer Unziale gesetzt und in marokkanisches Ziegenleder gebunden sind.“ Das ist so ein Buchmann-Satz, und es gibt viele solche Sätze in diesem Büchlein. Durch den Zauber von Buchmanns Sprachkunst vereinen sich die auf den beiden anderen Ebenen so erfolgreich voneinander getrennten Sprachen dann doch wieder zu einem beglückenden Miteinander. Und am Ende verwundert es nicht, dass vor dem Postamt von Kilkenny eine irische Marktfrau und ein Afrikaner einander lächelnd verstehen, ohne des anderen Sprache zu verstehen. Es reicht ihnen, dass jeder der beiden eine Sprache hat. Und das ist schön.
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Dirk Uwe Hansen
Lyrik
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