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Femme fatale

Es ist schon eine Menge gewesen. Es waren schon eine ganze Menge. Nicht so viele waren es, dass man ernsthaft den Überblick verlieren würde. Gerade so viele, dass man nicht mehr ganz den Durchblick zu haben scheint. Gerade so viele, dass man sich ein Stück weit entfernen muss, um alle im Blick zu haben. Um alle ins Bild zu bekommen. Weitwinkel Blickwinkel.

Manchmal schreibe ich ihre Namen auf und spreche sie vor mich hin. Dann rufe ich sie mir in Erinnerung. Dann rufe ich mir ihre Gesichter in Erinnerung. Und wie ihre Lippen geschmeckt haben. Und was mir an ihnen nicht geschmeckt hat. Dann merke ich manchmal, dass ich an manchen noch zu kauen habe. Dann merke ich, dass ich nicht alles verdaut habe. Manche stoßen mir bitter auf. Manche ließ ich bittere Pillen schlucken, um mich vor ihnen zu verhüten. Andere ließen mich zurück in Bitterkeit. Viele ließ ich einfach zurück.

Was ich nicht schon alles geschrieben habe darüber. Wie ich mich ihnen schon verschrieben habe deswegen. So viele Buchstaben. Unzählige Verse. Und Sätze. Versetzte. Die mein Schriftbild in ihr Herz gezeichnet wollten. Und am Ende mich zerrissen. Mich seitenweise herausrissen. Zurecht. Guten Rat brauchten. Und am Ende doch das Rad neu erfinden mussten. Wegen einer Abfuhr.

Nicht dass ich denke, ich wäre wichtig. Nur, dass ich es gern wäre. Nur, dass ich es gern bliebe. Nur, dass ich gern mal länger bliebe. Nur kann ich es nicht. Es ist, als ob man sich genussvoll treiben lässt und am nächsten warmen Schoßufer über die Strömungen klagt, die aus einem fließen. Ich fließe mit ihren Tränen. Ich zerfleische mich in ihren ewig gleichen Armen. In ihrer ewig fleischlichen Verschiedenheit. Was ist schon wichtig. Wenn man etwas bedeutet. Wenn man für ein paar verdammte Sekunden etwas bedeutet.

Und gespielt habe ich. Gespielt mit ihren Leben. Mich eingelebt in sie. In ihnen gelebt. In ihnen geliebt. So lange es mir lieb war. So lange wie ich einen Stift halten konnte mich nächtelang schlaflos in ihre Lebensläufe eingeschrieben. Auf Löschpapier geschrieben. Unauslöschbar. Für jede Gelegenheit. Für jede Verliebtheit. Und verloren habe ich. Mich neu erfunden habe ich. Nur gefunden habe ich nicht. Meine Sucht nach Suche macht dich krank.

Wenn man etwas loslässt, was einen festhält, dann hinterlässt das Spuren. Sieh mich an und suche nach den deinen. Zwischen meinen Rippen hängen ein paar Fingernägel. In jeder von euch ein Zacken meiner Krone.

Denn obwohl ich nicht anders kann, wäre ich es so gern.

Felix Wetzel

Felix Wetzel
Lyrik
Prosa