Kreislauf
Ich fiel aus meinem Hauseingang direkt an den Straßenstrand. Oder anders: ich ließ mich fallen. Ein paar Sekunden rieselten durch die Finger, ein letzter Blick auf die Sanduhr und los. Geradewegs. Irgendwo. Hin. Für einen Moment schloss ich die Augen und stellte fest, dass die Brandung hier besonders laut war. Der Lärm schlug gegen die Wohnfelsen und spritzte mich nass. Ich musste unbedingt in eine Nebenstraße, bevor man mir die Poren verschließen würde. Atemnotruf. Im Telefon gespeichert unter deinem Namen.
Weiter
Ich lief auf eine Sandbank auf. Man hätte es kaum für möglich gehalten, dass es so was in einem Park gibt. Es saß auch ein Mann mit roten Wangen darauf. Gestrandet. Er hielt seinen Untergang noch fest in der linken Hand. Ich spiegelte mich in seinen Wangen, dass mir Bange wurde und wechselte die Straßenseite. Hin und wieder vertrage ich die Realität schlecht. In meinem Bauch grollte der Donner.
Geradeaus und hinten links
Ich bin mit mir selbst. Es tut gut, nichts sagen zu müssen. Mein Kopf sitzt fest. Auf meinen Schultern. Ich hab endlich die Ruhe, die ich brauche, um mir dich vorzustellen. Und den Platz. Gar nicht so leicht. Schließlich reduzierst du dich auf Worte.
Bisher
Ein Wohnhaus von der Stange vor mir. Oben im Fensterrahmen sitzt eine Frau. Ich erkläre sie mir nackt. Bis ihr der Hemdenstoff in Fetzen hängt. Ich versuche zu ihr rauf zu lächeln, denn sie schaut auf mich hinab. Doch ein Windstoß wirft mein Grinsen gegen das Mauerwerk. Keine Augenblicksromanze.
Diesmal
Ich komme über sie hinweg, als ich auf einmal um die Ecke in eine vertraute Straße gespült werde. Trotzdem die Frage nach wo ich bin. Seltsam, wie sich die Welt manchmal verändert, bloß weil man auf der anderen Straßenseite läuft. Oder aus der entgegengesetzten Windrichtung kommt.
Blickwinkel
Ich hole dein Bild aus meiner Hosentasche und hänge es in den Himmel. So, dass ich es auch am anderen Ende der Stadt noch sehen könnte. Ich wechsele auf deine linke Seite. Dort fühl ich mich daheim.
Im Gleichschritt
In einem roten Auto hängt ein Holzkreuz am Innenspiegel. Vielleicht ein Kreuzfahrer, denk ich mir und vergesse schnell. Eine Frau kommt mir entgegen. Sie hat Blumen in der Hand und ein Veilchen im Gesicht. Sie schaut, als würde sie sich die Blumen lieber selbst schenken. Leider hab ich keine Primeln dabei. Ich hätte sie ihr an den Kragen gesteckt. Werd es dir sagen. Durch die Blume, wenn wir mal welche zusammen finden sollten. Falls wir uns finden sollten.
Ein vielleicht mehr
Ich schaue in die Sonne. Das kann man heute. Hab ich extra arrangiert. Damit dir warm wird. Manchmal bin ich ein Kind. Du hast bereits ein dickes Fell.
Immer weiter
Hinter mir klimpert es. Das muss die Frau sein, die mir soeben entgegen kam, denk ich noch. Ihre Wimpern klingelten bei jedem Schritt. Ich verdrehe mir den Kopf. Ja das geht. Ich sehe ein Mädchen, das einem Stück Geld hinterherläuft. Beide rollen. Das Geldstück an sich. Das Mädchen mit den Augen. Wegen deinen schlafe ich so schlecht. Und träume doch so gut.
Auf dem Weg
Ich betrete den Konsumtempel. Hier gewährt man den Seelen Rabatte. Aber kein Kniefall diesmal. Ich bin Aussteiger. Wenn es um Busse geht. Im Supermarkt sehe ich an der Kasse eine Frau, die ihr Geld nachzählt. Stundenlang, wie es scheint. Als ob sie mit ihrem Leben bezahlen und keine Sekunde verschwenden wollte.
Menschlich
Dann bin ich wieder draußen. Sie versuchen mich zu werben. Doch ich werbe bereits um dich. Ich flüchte also. Zu dir. Du bist nicht die Welt. Aber eine besonders lebenswerte. Dort sitz ich dann während der ganzen Busfahrt. Ich schließe einen Wohlfühlpakt mit einem Mann, der sich mutig neben mich setzt. So nah, dass sich unsere Arme berühren. Wir transpirieren ein wenig, bis zur nächsten Haltestelle. Dann trennen sich unsere Wege. Ich wollte nichts über ihn wissen.
Zum Schlussanstieg
Es passiert nicht mehr viel. Denn ich habe meine Scheuklappen auf. Sieht gar nicht so übel aus, sagen die Leute. Aber ich hör sie nicht. Dann eine Frau. Ihr Rock war schwer beschäftigt. Ihre Beine würde man vom Mond aus sehen, so lang waren sie. Ich war ein einziges Klischee. Und biss mir auf die Zunge. Man zog meine Zügel straff. Dann überlegte ich es mir doch anders. Wenn ich nackt durch die Straßen gehen würde, dürfte ich mich über nachgeworfene Feigenblätter nicht wundern. Ich riskierte einen Blick. Sie stopfte mich in der Zwischenzeit in eine Schublade. Touché. Dann war ich daheim. Im realistischen Sinne. Denn es gibt nicht viele Türen, zu denen meine Schlüssel passen. Hast du eigentlich ein Schloss um die Brust?
Letzte Schritte
Es schloss sich der Kreis, in dem ich gelaufen war. Ich hatte dich endlich umzingelt.
Felix Wetzel