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Anatolij Grinvald
Wozu braucht der Wagen das fünfte Bein oder Essay und Interview
Prosaische Einleitung Spricht ein Dichter über die Poesie, ist es in erster Linie die Selbstreflexion. Wie jeder Mensch, wenn er über Probleme und Errungenschaften der Menschheit spricht, identifiziert er sich entweder mit dem Objekt seiner Ausführungen oder stellt sich dem entgegen. Derjenige Dichter, der sich dem literarischen Prozess allgemein oder in seinem eigenen Land entgegenstellt, ist entweder ein Rebell oder ein Genie. Letzteres ist der Fall, wenn das Ergebnis seiner Computermeditation ein Meisterwerk ist. Schaffung von Meisterwerken ist aber äußerst schwierig. Wenn man sich an den Schreibtisch mit solcher Absicht setzt, ist es nahezu utopisch eins zu schreiben. Da das Arbeitsmaterial, d.h. Wörter, gewöhnlich ist, braucht man mehr als sie bloß schön zu verarbeiten. Das Spüren und Einfangen der Harmonie in sich selbst und in der Außenwelt ist der erste Schritt auf dem Weg zu einem guten Text. Auf diese Art und Weise im Text eingefangene Harmonie macht aber ein Kunstwerk nicht aus. Mit den Kunstwerken verhält es sich mehr als schwierig. Es ist katastrophal! In diesem Fall bin ich mit dem zeitgenössischen russischen Schriftsteller Andrej Gelasimow einverstanden, dass es zehn bis zwanzig Bücher gibt, die man unbedingt gelesen haben sollte. Das seien die Kunstwerke, sagt er, alles andere sei einfach gute Literatur. Vielleicht auch sehr gute Literatur, aber eben keine Kunstwerke. Mit der Poesie verhält es sich im Gegensatz zu Prosa etwas einfacher und übersichtlicher. Im Laufe des Lebens schafft ein guter Dichter ein Dutzend lyrischer Kunstwerke, aber keine Bücher. Es gibt natürlich Poesie in Prosa: Ein Text, der wie aus dem Ei gepellt ist. Man schmökert ihn und wird elektrisiert wie von der Lyrik. In der modernen russischen Literatur gehören Neschnyj vosrast (dt. Das zarte Alter) von dem schon erwähnten Andrej Gelasimow und Gortensija (dt. Hortensien) von Boris Rochlin zu solchen Texten. Dabei fällt es schwer eine Grenze zwischen Poesie und Prosa zu ziehen. Was ist dann die Poesie? Versuchen Sie eine Definition dieses Begriffs zu finden: Schlagen Sie Brockhaus, Encyclopædia Britannica oder Academic American Encyclopedia nach. Gefunden? Ich bin verwundert, wenn das so ist. Ich bin aber noch mehr erstaunt, wenn Sie an diesen Definitionen Gefallen gefunden haben. Wenn das nicht der Fall ist, schlage ich Ihnen meine eigene Definition vor: Die Poesie ist die Konzentrierung und Übertragung der positiven Energie (Energie plus) von Mensch zu Mensch, die in einem äußerst knappen Text zum Ausdruck gebracht wird, d.h. sie benutzt eine Vielzahl der assoziativen Zeichen (Entscheidungen). Es ist nicht schlimm, wenn diese Definition Ihnen auch nicht gefallen hat. Ich beanspruche weder die absolute Wahrheit noch möchte ich damit in die Geschichte eingehen. Das Einzige, was ich möchte, dass nachdem meine Oma diesen Text heute gelesen hat, sie mir vor 25 Jahren einen chinesischen Tischtennisschläger kaufen werde. Es gab damals gute Tischtennisschläger für nur 15 Rubel auf dem Schwarzmarkt: Eine Seite war grün und die andere rot. Und dann werde ich ein Sportler und kein Schriftsteller.Der himbeerrote Sakko1 für den Dissidenten Und sie dreht sich doch! Man kann die moderne russische Poesie in mehrere Bereiche aufteilen: Zum Ersten sind das die so genannten dicken Zeitschriften, die als halbamtlich aufgrund ihrer Subventionierung durch staatliche Institutionen gelten. Der Zugang zu diesen Zeitschriften ist eingeschränkt. Das Talent für eine eventuelle Publikation spielt keine große Rolle und ist eher zum Nachteil für den Schreibenden. Bevorzugt werden gute, nach den bewährten Regeln zugeschnittene Texte mittleren Niveaus. Wie der bekannte russische Dichter Konstantin Kedrow sagt, diese Menschen würden Angst vor allen Erscheinungen der lebendigen Poesie haben. Um in diesen Zeitschriften publizieren zu können, muss man gute Beziehungen haben und sich in der Szene verkehren. Wenn ich eine Auswahl von Gedichten aus diesen Zeitschriften lese, habe ich das Gefühl, dass diese Texte von einem und demselben Autor verfasst worden sind. Vielleicht mag er ein Absolvent des Literaturinstituts sein, aber seine Weltsicht und literarische Fähigkeiten sind offensichtlich beschränkt. Etwas Außergewöhnliches in diesen Zeitschriften zu lesen ist eine Ausnahme, die die Regel bestätigt. Die dicken Zeitschriften bekommen ein Stück vom Budgetkuchen und das erklärt so manches.Zum Zweiten gibt es das Projekt Wawilon (dt. Babylon), das sich als der Bote der jungen Literatur bezeichnet. Dieses interessante und bekannte Projekt publiziert junge und nicht ganz mehr so junge Autoren. Was die Jungen betrifft, scheint hier alles nicht so glatt zu laufen. Wie auch im Falle der dicken Zeitschriften entsteht der Eindruck, dass fast alle Texte von einer Person mit einer homosexuellen Identität und einer Vorliebe zum Freien Vers stammen. Das lässt sich nur mit der Mode erklären. Zum Dritten gibt es die so genannte Fergana-Schule in Mittelasien. Finanzielle Möglichkeiten von Fergana-Schule sind nicht so groß wie z. B. die von Wawilon. Sie ist zahlenmäßig eher klein, aber sie zeichnet sich durch hohe künstlerische Qualität aus. Einige der Dichter der Fergana-Schule publizieren ebenfalls bei Wawilon. Zum Vierten gibt es die DOOS, das sich zu Deutsch als Freiwillige Gesellschaft zum Schutz der Libellen entziffern lässt. Wie das klingt! Die DOOS gehört in die Nische der Andersdenkenden in der russischen Poesie und hat eine Vielzahl an interessanten Dichtern zu bieten. Entscheidend für das Auswahlkriterium der Zeitschrift, die monatlich von der DOOS herausgegeben wird, ist die Qualität der Texte. Über die DOOS und seinen Ideengeber werde ich unten ausführlich erzählen. Zum Fünften gibt es zahlreiche Anthologien und Jahrbücher. Sie werden fast in jeder russischen Großstadt herausgegeben, wo es Handvoll Dichter gibt. Hier gibt es lokale Genies, eigene Petrarcas mit ihren Lauras. Und endlich, zum Sechsten gibt es Poesie im Internet oder mit anderen Worten – die Netzpoesie. Dieses Phänomen scheint mir am interessantesten zu sein. Ich weiß nicht, wie die Diskussion in den dicken Zeitschriften zu Ende gegangen ist, ob es die Netzpoesie gibt, und wenn doch, was ist das? Vielleicht streiten sie sich immer noch darüber. Diese dicken Zeitschriften, deren Auflagen selten über fünf Tausend Exemplare liegen, wollen entscheiden, ob es Dutzende Tausend Autoren und Dichter im Netz wirklich gibt. Ist das nicht zum Lachen? Nein, sie meinen das ernst! Sie sind besorgt! Besorgt vor allem darüber, dass ein Dichter mittleren Niveaus zwanzig bis dreißig Tausend Leser in einem halben Jahr anziehen kann. Es gibt Autoren im Netz, deren Leserschaft bis zu einer Million beträgt. Ein begabter Autor schafft hundert bis zwei hundert Tausend Leser zu gewinnen. Natürlich gibt es im Netz sehr viel Graphomanie bzw. Dichteritis, aber Vieles ist ausgesprochen gut. Es gibt Internetseiten, die jedem registrierten Nutzer erlauben, Texte nach seinem Belieben zu publizieren und zu löschen. Die anderen Seiten beschäftigen Redaktionskollegien. Ich kenne dutzende Dichter, die ihren Schaffensweg im Netz angefangen haben. Das Netz ist ein Laboratorium zur Selbstvervollkommnung. Das gleicht dem Meer, in dem man taucht und nach Perlen sucht. Und ich finde, dass diese Metapher des Perlentauchens vortrefflich die Situation in der modernen russischen Poesie beschreibt. Aus dem Grund schließe ich mich einer der Netzdichterinnen an, die die moderne Zeit, in Anlehnung an Goldenes und Silbernes Zeitalter der russischen Literaturgeschichte, als Perlenzeitalter bezeichnete. Es gab auch andere Versuche diesem Blühen der russischen Poesie einen Namen wie Platin- oder Eisernes Zeitalter zu geben. Ich erhebe keinen Anspruch, dass sich das Perlenzeitalter durchsetzt. Das Einzige, was ich will, dass das Mädchen, dem ich einen Zettel mit den Worten Ich liebe dich in der neunten Klasse zugesandt habe, nachdem es heute diesen Essay gelesen hat, zu mir vor 23 Jahren wohlwollender sein wird. Und ich werde ein eifriger Familienvater und kein Schriftsteller. Im Rahmen des Projekts oder Konstantin Kedrow: Die Situation hat sich nur verschlimmert. Nach wie vor geben die Redakteure Tschuprinin und Natalja Iwanowa aus der Zeitschrift Znamja den Ton an. Sie hassen alles, was über die Grenzen der sowjetischen Ästhetik hinausgeht. Sie vergeben nun die Preise in der Regel für Konservatismus und Geistlosigkeit. Ihr Geschmack bestimmt Realismus und nur Realismus. Barmetowa aus der Zeitschrift Oktjabr und Wasilevskij aus Novyj Mir (ich kann mich noch heute an diesen wegen seiner Unscheinbarkeit bemerkenswerten Studenten erinnern) unterscheiden sich von den ersten beiden nicht viel. Man kann eine dicke Literaturzeitschrift von der anderen nicht unterscheiden. Es sind dieselben sowjetischen Gedichte mit dem einzigen Unterschied, dass das Wort Partei mit Gott ersetzt wurde. Interviewer: Das klingt paradox, aber zu der gleichen Zeit vor sieben Jahren haben Sie vom Blühen der modernen russischen Poesie gesprochen. Sind Sie immer noch in dieser Frage so optimistisch? Und wenn ja, welche Rolle spielt das Internet für die moderne Literatur? Konstantin Kedrow: Das Internet ist die einzige Lichtquelle im Dunkeln, aber zugleich dunkelt es da vor Dichteritis. Für mich persönlich bleibt das Internet das Fenster in die Welt für meine Poesie. Wenn auch meine Poesie von offiziellen Literaturzeitschriften verschwiegen und ausgestoßen wird, pfeife ich darauf. Schurnal POetow (dt. Zeitschrift der Dichter) erscheint jetzt monatlich im Internet. Natürlich entstand nach dem Tod Parschtschikows und Wosnessenskis eine Leere. Die beiden kann man nicht ersetzen. Aber es gibt genug Geniales: Sound-Poesie von Sergej Birjukov, Palindronawtik von Elena Kazjuba, dadaistischer Postmodernismus von Wituchnowskaja, unerwarteter Ausbruch des feinsten Scharfsinns von Kirill Kowal'dschi. Es gibt zweifellos einen Aufschwung, obwohl die Poesie offiziell ganz andere Autoren vertreten, die den Literaturfunktionären verständlich und nah sind. Interviewer: Ihr Schurnal POetow erscheint jetzt als Magazin. Worin sehen Sie als Redakteur Ihre Aufgabe? Sind Sie in Opposition zu offizieller Literatur? Und für wen ist Ihr Magazin offen? Konstantin Kedrow: Das Magazin hat keine Leitlinie. Ich pfeife auf die dicken Zeitschriften, die im Staatshaushalt wie die Maden im Speck sitzen. Ich habe sie zu Sowjetzeiten nicht gelesen und auch jetzt sehe ich sie nur, wenn jemand mir sie mit Gewalt unter die Nase hält. Ich bin keine Opposition, sondern die Wir-Position! Ganz nach dem Prinzip der Thelema-Bruderschaft von Rabelais: Jeder macht das, was er will oder anders gesagt: Die Erde flog der Zu uns fliegen Schmetterlinge und Libellen aus der ganzen Welt von den USA bis zu Mongolei, von der Provinz bis zu den Hauptstädten. Das Magazin ist offen für alle Autoren, die einen eigenen Stil haben und nicht mit ausgestreckter Zunge aus den Lehrbüchern abschreiben. Interviewer: Konstantin Aleksandrowitsch, Sie haben Ihre eigene Dichterbiographie geschaffen und das trotz oder vielleicht gerade deswegen, dass Sie immer gegen den Strom geschwommen sind. Können Sie die Entstehungsgeschichte von Metametapher erzählen und den Begriff selbst ausführlich beschreiben? Er scheint mir etwas wage definiert zu sein. Oder kann man die Metametapher mit den Worten nicht beschreiben? Ist sie einfach im Gefühl? Konstantin Kedrow: Die Metametapher erlaubt ein ganz anderes Bild von der Welt zu schaffen. Das Äußere und das Innere sind hier relativ und gegenseitig austauschbar: Mensch ist die Kehrseite des Himmels Solches kosmische Umstülpen ist mir von der Natur aus eigen. Schon mit fünfzehn Jahren habe ich geschrieben: Ich kam zu mir Das kann man zu meiner ersten Metametapher zählen. Auf der Sinnes- und Tonebene ist das ein Anagramm. Zum Beispiel SWET (dt. Licht) beim Umstülpen wird zu WEST' (dt. Nachricht). Oder die Worter funktionieren nach dem Matrjoschka-Prinzip: NEBES POKOJ (dt. Ruhe des Himmels), Das ist aber noch nicht alles: Die Metametapher ist die Amphora des neuen Sinns. Zum Beispiel enthält mein Gedicht Der Apfel die Poincare-Vermutung, die der russische Mathematiker Grigori Perelman 2002 bewiesen hat. Der Apfel, der Adam ausgekostet hat, Das ist ohne Zweifel eine Metametapher. Die Metametapher ist eine Litotes in einer Hyperbel und eine Hyperbel in einer Litotes gleichzeitig. Aus dem Grund kann man hier keine traditionelle Terminologie anwenden. Manchmal gehoren allgemeine mathematische Formeln zu Metametaphern. Zum Beispiel E=MC. Wenn wir uns in die Formeln emotional hineinleben könnten, würden sie fur uns zu den Metametaphern werden. Sie haben durchaus Recht, der Sinn der Metametapher ist unerschöpflich. Interviewer: Es wird bestimmt schwer sein Ihr Wortspiel und poetisches Jonglieren ins Deutsche zu übertragen. Aber gehen wir zu etwas anderem über: Heutige Farblosigkeit der offiziellen Literatur ist wahrscheinlich durch politische Situation bedingt. Wann war es für Sie einfacher gegen den Strom zu schwimmen, zu Breschnew-Zeiten, als der Protest zu einem Helden machte, oder heute? Denn man kann heute sehr leicht in geschmacklosem Stimmengewitter untergehen. Konstantin Kedrow: Die Henker und die Wachleute von der Literatur sind dieselben in den dicken Literaturzeitschriften geblieben, aber die Situation hat sich radikal verändert. Schurnal POetov konnte damals unter keinen Umständen erscheinen. Ich werde heute verschwiegen, und damals wurde ich zu all dem noch verleumdet und dreißig Jahre lang NICHT VERÖFFENTLICHT! Und das ist eine schreckliche Folter für einen Dichter. Ich erzähle heute das, was ich schon vor dreißig Jahre entdeckt und geschaffen habe. Wahrscheinlich gab es keinen vergleichbaren Fall in der russischen Literaturgeschichte. Viele verstehen nicht die Tragik meiner Dichtergeneration: Gubanow, Chwostenko, Birjukov, Kazjuba ... Ich könnte noch ein Dutzend Namen nennen. Wir wurden in die Poesie nicht rein gelassen. Und als die Freiheit kam, da hatten alle plötzlich ganz andere Sorgen! Jetzt wendet sich alles zum Besseren, wenn auch sehr langsam. Das Interesse am Schurnal POetov steigt stetig. Die offizielle Poesie ist immer farblos! Aber ich hatte, habe und will damit nichts zu tun haben. Interviewer: Wenn Sie die nächste Frage etwas indiskret finden, dann müssen Sie sie nicht beantworten. Sie wurden dreißig Jahre nicht veröffentlicht. Andererseits war Andrej Wosnessenski Ihr Freund. Warum konnte er Ihnen nicht helfen, Ihre Texte zu publizieren. Konstantin Kedrow: Ich habe Andrej Wosnessenski im Jahr 1984 kennengelernt. Er hat mich, Parschtschikow und Swiblowa auf seine Datsche eingeladen. Wir haben uns aber erst 1988 wirklich genähert, als wir einen Literaturabend Keineschweigeminute im Palast der Jugend veranstaltet haben, wo erstmals die Underground-Dichter Sapgir, Cholin, Aigi, Parschtschikow, Kutik und Eremenko aufgetreten sind. Wosnessenski konnte mir nicht helfen. Er war selbst halblegal. Zum Beispiel, um über Wosnessenski in der Literaturnaja Gazeta schreiben zu können, musste die Redaktion das Zentralkomitee um Erlaubnis bitten. Gleichzeitig wurde er von Kritikern wie Latynina stark beschimpft. Seine Bücher konnte man nur in der tiefsten Provinz kaufen, in den Großstädten wurden sie auf dem Schwarzmarkt gehandelt. Wir sind in den 90er Jahren richtige Freunde geworden, nachdem er aus den USA zurückgekommen war. Wir sind seit 1995 in allen Heften Schurnal POetov zusammenerschienen und haben unzählige Literaturabende veranstaltet. Er hat mir wunderbare Gedichte Demonstration der Zunge und Ätherische Stanzen gewidmet. Und aus Indien unter dem Buddha-Baum diktierte er mir per Telefon: Es kommt Lada CREDOVA/ Constanta CEDROVA. Interviewer: Welche Auswirkungen hatte Ihre adlige Abstammung auf Ihr Leben? Konstantin Kedrow: Als ich im Jahr 1952 zehn Jahre alt war, kehrte Maria Fedorowna, die Schwester meiner Großmutter Sofia Fedorowna Tschelischtschewa, aus dem Lager zurück. Sie hat mir erzählt, dass die ganze Familie 1918 laut Lenins persönlichem Befehl aus ihrem Landgut Dubrowka bei Kaluga vertrieben wurde. Ich war vor einem Monat dort. Es sind das Hausfundament und sechs Linden, die mein Großvater 1907 gepflanzt hat, erhalten geblieben. Ich sah blühende verwahrlose Gärten und viele Hektar Wald. Das alles hat er gepflanzt. Ich habe mit der Urenkelin seiner Gärtnerin gesprochen. Meine Mutter hat versucht auf jede Weise ihre adlige Abstammung zu verheimlichen, aber als Maria Fedorowna aus dem Lager zurückkehrte, konnte sie das nicht mehr verbergen. 1957 habe ich eine Postkarte aus Italien von Pawel Tschelischtschew, dem jüngeren Bruder meiner Großmutter, bekommen. Ich denke, dass der KGB mich unter dem Namen Förster geführt hat, weil mein Großvater in der Forstwirtschaft tätig war. Anfang der 70-er Jahre habe ich Pawels Gemälde geerbt. Als der KGB das Berufsverbot über mich verhängte und ich nicht mehr unterrichten durfte, sah ich mich gezwungen die Bilder zu verkaufen. Jetzt hängen sie in der Galerie Unsere Maler in Borki bei Moskau und sind viel Geld wert. Ich schließe nicht aus, dass die KGB-Mitarbeiter mich wegen meiner adligen Abstammung mütterlicherseits verfolgt haben, aber auch jüdische Abstammung meines Vaters gab ihnen keine Ruhe. Mein Vater Alexander Berditschevski war übrigens ein Schüler von dem berühmten russischen Regisseur und Schauspieler Wsewolod Meiergold. Ich erfuhr das an seinem sechszigsten Geburtstag, als er ein Telegramm von Igor Ilinski bekommen hat: Wir erinnern uns an unseren begabten, gutmütigen und humorvollen Sascha! Und das wurde bis 1965 geheim gehalten. Nun so verging mein Leben und das Leben meiner Eltern im Verborgenen, man kann sagen in der Illegalität. Computer der Liebe6 (Das Manifest der Metametapher) Himmel ist die Höhe des Blickes Übersetzt aus dem Russischen von Sergej Tenjatnikow, 1Der himbeerrote Sakko galt als ein Symbol der Neuen Russen (vgl. Parvenüs), die als eine neue soziale Schicht in Russland nach der Perestroika in Erscheinung traten. Die allgemein als billig und geschmacklos geltende, aber gleichzeitig aggressiv wirkende Mode der himbeerroten Sakkos wurde schnell zur Farce und somit zum Klischee für eine unkultivierte und ungebildete, aber schnell zu Reichtum gekommene Person.
2Rus.: Земля летела/ по законам тела/ а бабочка летела/ как хотела von Konstantin Kedrow ubersetzt von Sergej Tenjatnikow 3Rus.: Человек-это изнанка неба/ Небо-это изнанка человека von Konstantin Kedrow übersetzt von Sergej Tenjatnikow 4Rus.: Я вышел к себе/ через-навстречу-от/ И ушел ПОД/ Воздвигая НАД von Konstantin Kedrow übersetzt von Sergej Tenjatnikow 5Rus.: То яблоко вкусившее Адама/ теперь внутри себя содержит древо/ А дерево вкусившее Адама/ Горчит плодами -их вкусил Адам…/ ЧЕРВЬ вывернувшись наизнанку ЧРЕВОМ/ в себя вмещает яблоко и древо (1980) von Konstantin Kedrow übersetzt von Sergej Tenjatnikow 6Rus.: Компьютер любви (1984) von Konstantin Kedrow übersetzt von Sergej Tenjatnikow
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