Kommentar von Axel Kutsch
Das große Frohlocken –
Junge Lyriker in der ZEIT
Kommentar von Axel Kutsch
Freunde der Poesie, frohlocket! Die ZEIT hat
in ihrem neuen Literaturmagazin jungen
deutschsprachigen Lyrikerinnen und Lyrikern
acht Seiten gewidmet – mit großformatigen
Fotografien von Bert Heinzlmeier und knappen
Begleittexten des allseits geschätzten Lyrikexperten
Florian Illies.
Schön bunt geht es auf den Seiten zu:
Nora Bossong durch herbstlich anmutendes Buschwerk
streifend, Ann Cotten ausgestreckt auf ihrem Bett,
Daniela Danz – etwas verlegen wirkend – in den
Ruinen der Heilanstalt Nietleben in Halle, Herbert
Hindringer majestätisch auf einem Dach in St. Pauli,
Nadja Küchenmeister zart im diffusen Licht
einer Berliner U-Bahn-Station, Andre Rudolph
selbstbewußt im Leipziger Museum der bildenden
Künste, schließlich Jan Wagner, ratlos vor einem
Kino mit „Dark Knight“-Reklame sitzend, als würde er
seit Stunden auf eine Freundin warten.
Es sind schöne Bilder, zweifellos. Und sie sollen
wohl auch einen Bezug zu der Lyrik der Autorinnen
und Autoren herstellen. Keine schlechte Idee,
wenn auch nicht in jedem Fall so richtig einleuchtend.
Aber was soll's? Es kommt auf die optische
Wirkung an.
Ach ja, dann gibt es ja noch die
Illies-Häppchen über die abgebildeten
Jungdichter. Jeweils fünf Zeilen –
schon ist man bestens über deren
Biographien und Poesie informiert.
Und dann erst die Einführung, die immerhin
22 Zeilen in Anspruch nimmt! Was kann man
da nicht alles erfahren – wie frisch diese
junge deutsche Lyrik ist, wie knapp sich
Gefühlschaos und wie präzise sich das
Diffuse beschreiben lassen. Das ist
keineswegs falsch, klingt aber so, als sei es
ein Klappentext für eilige Leser
auf der Durchreise.
Nun hätte ich vor lauter Frohlocken
fast vergessen, daß sich auf den
Bildern sogar noch kurze
Textproben befinden. Allerdings wäre
es schön, wenn man sie auch alle lesen
könnte. Bei Andre Rudolph habe ich
mich vergeblich bemüht. Zu verschwommen.
Aber es kommt ja auf die optische
Wirkung an. Da sind die Gedichte
eher Nebensache.
Acht Seiten in der großen ZEIT
über junge deutsche Lyrikerinnen
und Lyriker! Diese Fotografien, dazu
diese Informationsfülle, dieses
auch für den Laien verständliche
fundierte Analysieren neuer
deutschsprachiger Poesie, dieser
große aktuelle Überblick über eine
Literaturgattung, die sonst eher
im Verborgenen blüht – man kommt
aus dem Frohlocken gar nicht
mehr heraus.Vor allem deshalb,
weil alles so schön bunt ist.
Axel Kutsch 10.10.2008
|
Axel Kutsch
Lyrik
Frühere Gedichte
Kommentar
|