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Jan Decker
Japanische Miniaturen
Ein weiter Himmel, grauweiß getuscht. Stetes Platschen der Wellen, das sich in der Bucht verliert. Vom Wind gerecht, liegt Sand in feinen Streifen. Ein Leuchtturm ragt hervor. An seinem Sockel liegt angeschwemmtes Treibholz. Dahinter hoher Schilf, wo ein Frosch kauert. Lautlos wartet er auf die Ankunft der Flut.

Hoch geschlossene Holzmauern umfassen den Schrein. Die Planken von gekreuzten Giebeln ragen in die Luft. Verborgen hinter alten Bäumen liegt das Schwert der Sonnengöttin. Ein Tor spannt sich über den Weg. Unter dem Balken dreht leise der Wind. Zwei Krähen strecken ihre Flügel. Sie flattern auf und fliegen davon.

Gehörntes Schiff auf dem Berg. Die Achse eines Schiffs, dreimal gedreht. Wehrhaft und stark wie der Helm eines Kriegers. Unten treibt der Fluss, lang und geschwungen. Die Blüten der Kirschbäume schwimmen. Sie legen sich auf drei steinerne Hunde, ihre Mäuler aufwärts gespannt. Ein Tempelläuten weht aus der Ferne.

Die Felsinsel ist vom Fischteich begrenzt. Flach im Wasser liegt eine kleine Brücke. Rote Brüstung, sanft zum Bogen gespannt. Ein Schrein aus rotem Holz, die Flügel zum Fischteich geöffnet. Man hat ihn mit Gaben geschmückt. Glücksboten aus Porzellan, vier Maulwürfe. Ihre Bäuche sind ein glattschwarzer Strich.

In der flachen Bucht schwimmt ein hölzernes Tor. Seine Pfeiler tragen Sockel, auf denen metallene Dächer ruhen. Die geschmückte Stange schwingt nach oben. Flüstern der Götter liegt in der Bucht. Durch das Tor gleiten fünf Delphine. Schnell wenden sie und schwimmen ins Meer hinaus.

Grauer Kiesel liegt gehärtet auf dem flachen Grund. Schimmernd klares Wasser des Stroms. Pilger waschen sich vor dem Schrein der Sonnengöttin. Hinter ihm liegt ein Wald, der grün schlummert. Sieben Schwäne haben sich abgesondert. Ihre Hälse zeigen schlafend zum Ufer, wo die hohen Büsche aufragen.

Spitz gezacktes Holzwerk, das dünn zur Seite gerichtet ist. Gezackter Baum, jäh schiebt er sich gegen den Hang. Um den Stamm hängen Nadeln, ein wollener Schutz. Ganz oben hält ein Ast die Ruhe. In der Nacht sammeln sich sechs Wölfe unter dem Stamm. Ihr Heulen verfängt im Nadelschlag.

Zart rötlich spielt das Licht um den höchsten Gipfel. Wie eine Glocke taucht der Schnee aus dem weichen Dunst. Lang und schleppend läuft ein Hang ins Tal aus. Erst vor der Bucht kommt er zur Ruhe. Im Schilf schwirren vier Libellenpaare. Ihre Flügel glänzen, silberner Stoff in der Bucht.

Jan Decker    15.04.2010    

 

 
Jan Decker
Lyrik / Texte
Prosa