|
|
Schadt, Kathrin / Ingenlath, Christian (Hg.)
Ragufeng – Blütenlese aus zwei Jahren pussy-Salon
Erlesenes aus Berlin Schöneberg
Katzengarn und Leibspeisen
Kritik |
|
|
|
Ragufeng
Blütenlese aus zwei
Jahren pussy-Salon
Schadt, Kathrin /
Ingenlath, Christian (Hg.)
tauland-Verlag 2012
Zum Verlag
|
Seit einiger Zeit schleicht ein Kätzchen durch Berlin Schöneberg und lockt Künstler aus allen Bereichen an. Im pussy-Salon überlassen die Veranstalter Kathrin Schadt und Christian Ingenlath diesen Künstlern die Bühne. Jeder Abend steht unter einem anderen Motto. Immer mit dabei: Die Katze. Jetzt erscheint im tauland-verlag ihre erste Salon-Anthologie.
Ragufeng, berlinerisch für Ragout fin, ein feines Ragout, für das eine wilde Mischung in einen Topf geworfen wird, gibt einen Überblick über zwei Jahre Salongeschichte. An zehn Abenden zwischen Mai 2009 und Juni 2011 wurde in Berlin Schöneberg gelesen, gesungen, gespielt und gegessen, so der Klappentext des im engagierten Kölner tauland-verlag erschienenen Buches. Die Veranstalter Kathrin Schadt und Christian Ingenlath haben „Blütenlese“ betrieben und präsentieren als Herausgeber ihrer Salon-Anthologie, wie die unterschiedlichsten Künstler die Themen der Abende interpretierten. Film, Musik, Lyrik und Prosa lassen sich naturgemäß nicht gleichermaßen gut zwischen zwei Buchdeckel pressen. Doch was hier entstanden ist macht Spaß und Lust auf einen weiteren Besuch im Katzen Salon.
Die Liste der Autoren, Musiker und anderen Kulturschaffenden, die der Einladung der schwarzen Katze gefolgt sind, ist beeindruckend. Elke Erb ist hier ebenso vertreten wie die Autoren Ulf Stolterfoht, Tom Schulz oder Monika Rinck. Die Anthologie ordnet die Inhalte der Salons in chronologischer Reihenfolge, die Themen variieren stark.
„Schöneberg“ ist eine Hommage an den Stadtteil. Timo Berger besucht in seinem Drehbuch für einen Kurzfilm die alte Wohnung von Bowie und Iggy Pop und erzählt amüsant und schnell, warum Iggy so dünn ist und Bowie auf einmal wieder gesund aussah.
„Einheitsbrei“ beschäftigt sich intensiv mit der deutschen Einheit. Der Autor Simon Urban, momentan mit seinem Debütroman „Plan D“ ein Liebling des Feuilleton, steuert eine Kurzgeschichte bei, die den etwas sperrigen Namen trägt: „Immerhin habe ihr Onkel durch die Flucht in die DDR jetzt sein eigenes Denkmal, sagte Jan Schramm.“ Die Lebensgeschichte von Peter Schramm, der im Westen durch das Drucken von DDR-Fahnen zu Wohlstand gelangt, schließlich aber doch schwimmend die Flucht in den Osten antritt und versehentlich erschossen wird, war bereits beim „Open Mike“ 2007 nominiert. Die Dokumentarfilmerin Dörte Grimm ist mit kurzen Interviewausschnitten aus ihrem Film „Die Unberatenen“ dabei, der einen analytischen Blick auf die Generation der Ost-Pubertierenden vor der Wende wirft.
Die Gedichte und Raps der jugendlichen Autoren eines weiteren Salons zum Thema „Jugend“ sind anrührend und kein bisschen peinlich. Monika Rinck spricht in einem augenzwinkernd analytischen Essay „über Jugend, während Jugendliche im Raum sind“, denn an diesem Abend wurden Salon und Theater von der Jugendtheatergruppe Moabit geführt und geleitet.
Lyrik nimmt einen großen Raum ein, besonders stark neben der bereits erwähnten Elke Erb, die Gedichte von Christian Kreis und Washington Cucurto. Überhaupt war ein Abend der Kulturpartnerstadt Buenos Aires gewidmet und die Texte von Washington Cucurto und Esther Andradi (spanisch mit deutscher Übersetzung) bestechen durch Tiefe und Rhythmus. Den „wundertätigen Kettenbrief“ Andradis muss man allerdings, einmal gelesen, an fünfundzwanzig weitere Menschen verteilen – „Unterbrichst Du ihn, wirst du von Dornen zerstochen“!
„Ragufeng“ ist eine Sammlung der unterschiedlichsten Facetten von Sprache, changiert zwischen großen Themen und berührenden Miniaturen. Dem großen Engagement der Herausgeber und Veranstalter des Salons ist es zu verdanken, dass sich alle diese Facetten auf über 200 Seiten entfalten können.
Eine charmante Idee zieht sich durch das ganze Buch. Zu jedem Salon sammelte ein „Geheimniskrämer“ Zettel ein, auf die Zuschauer ein zum Thema passendes Geheimnis geschrieben hatten. Am Ende des Abends wurden diese vorgelesen. Wer unter anderen das Geheimnis um ein Kreuzberger Hochbett lüften möchte, kommt nicht darum herum, diese Anthologie zu lesen.
|
|
|
|
|