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Neue mexikanische Dichtung

Sichtungen – Einblicke in die neue mexikanische Dichtkunst
 Zusammengestellt von Rike Bolte

Mit Gedichten von Luis Felipe Fabre, Carla Faesler, Maricela Guerrero, Julián Herbert, Eduardo Padilla und Minerva Reynosa

  Maricela Guerrero  externer Link
Eduardo Padilla  externer Link
Minerva Reynosa  externer Link
Julián Herbert  externer Link
Luis Felipe Fabre  externer Link
Carla Faesler  externer Link

Rike Bolte, Übersetzerin und Leiterin des Poesiefestivals Latinale, hat für den poet eine Auswahl junger Dichtung aus Mexiko zusammengestellt. Das Ergebnis ist die Folge einer, so die Autorin, „wählerischen Hand­lung“ angesichts der Vielfalt der mexi­kanischen Lyrik und der Größe des Landes. Neben der Einleitung wird jeweils ein Gedicht der ausgewählten Autoren vorgestellt. Die voll­ständige Sammlung ist zu finden in poet nr. 12.


Von welcher Farbe wird das außenpoetische Dossier zu Mexiko – dieser literarische Akten­deckel –, frage ich mich, als ich diese ein­führenden Worte zur (hoch-)aktu­el­len mexi­kanischen Dicht­kunst nieder­chreiben darf. Und was findet darin oder darunter Platz: balaceras, die Schuss­wechsel, die zum Alltag in dem vom organi­sierten Verbrechen, von den Drogen­kartellen dominierten Land gehören? Oder Ufos, von denen man hört, sie hätten etwas übrig für mexikanische Wüstenbezirke? Das Geheul der Llorona, die auf der Suche nach ihren Kindern ist? Die jungen Frauen, die Opfer von machismo und korrupter Polizei sind? Welches Wagnis beinhaltet diese poetische Mexiko-Akte, wenn jedes echte Gedicht ein geplantes Abenteuer ist, wie Mónica Nepote im Zusammenhang des Werks eines in diesem Dossier vertretenen Autors schreibt und sich dabei auf den brasi­lianischen Konkretisten Décio Pignatari bezieht?
  Das Gedicht spricht sich selbst – seit den historischen Avant­garden und erst recht seit der konkreten Befreiung des Verses in Lateinamerika. Die Avant­garden haben in Brasilien wie in Mexiko und andernorts das Gedicht mit sich selbst identisch werden lassen und von der Autorschaft loszusagen versucht. Die poetischen Graphien Lateinamerikas im 20. Jahrhundert sind bis heute nachzulesen, sie setzen sich fort. War das geplant?
  Während nicht in der Welt zu sein scheint, was nicht in den Akten steht, und Akten wiederum Folgen von Handlungen sind, ist auch dieses Dossier die Folge einer – wählerischen – Handlung. Es steht für das geplante Abenteuer, einige wenige poetische Stimmen aus dem aktuellen Mexiko zur deutschen Sprache zu bringen. Damit ist die erste Umschiffung des echten Abenteuers beim Wort genannt. Denn dieses Dossier bietet einen Einblick allein in die spanischsprachige Dichtung des ­Landes, obwohl in Mexiko an die hundert weitere Sprachen (nicht europäischen Ursprungs) gesprochen werden und auch in ihnen Dichtung verfasst wird.
 Weiter eingegrenzt ist der Einblick, den dieses Dossier bietet, da­durch, dass sich die Auswahl auf das (urbane) Zentrum und den Norden Mexikos konzentriert. Die Dichtungen dieser Gegenden scheinen den stärkeren Link zur avant­gardis­tischen Fährte zu legen und das lite­ra­rische Echo aus den USA, etwa der Beat Generation aufzufangen. Die Baupläne der Texte der hier ausgewählten Dichte­rinnen und Dichter aus Mexiko-Stadt und dem Norden lassen sich also leichter beiholen. Auch weil sie sich medial übermitteln, weil sie grundlegend auf den Wahr­nehmungsmodus eingestellt sind, der seit der konkreten Poesie ton­angebend, eigentlich: blickgebend ist. Das Paradigma des Sichtbaren und des Ersichtlichen hat die Literatur seit den frühen Avant­garden und späterhin mit der fortschreitenden medialen Moderne revolutioniert; heute ist Dichtung, vor allem wenn sie aus dem Dickicht der Städte kommt, von der Sichtweise der visuellen Medien geprägt.
 Gleichzeitig schärft sich an der hier ausgewählten mexikanischen Poesie der Blick dafür, dass Dichtung heutzutage die Forderungen der li­te­rarischen Avant­garden beinahe übererfüllt hat. Weil ihr Radius enorm, aber auch zersplittert ist. In vielen der hier zusammengestellten Gedichte von Luis Felipe Fabre, Carla Faesler, Maricela Guerrero, Julián Herbert, Eduardo Padilla und Minerva Reynosa werden skopische Verfahren der Wirk­lichkeits­auf­fassung angewandt, wird der textuelle Raum zum Bildschirm, flimmert. Oder aber es steht bildlich still, wenn gespro­chen wird. Sind die Gedichte damit Blickfelder, keine Sprechfelder mehr? Oder ist es eben die lyrische Stimme, die die Codes der Gegenwart in den Mund nimmt, weil die mediale Wirklich­keit nicht mehr auszuschalten ist? Insbesondere der Norden Mexikos, der lange Zeit privilegiert war und stark an den USA ausgerichtet ist, ist heute vom Drogenkrieg und den Frauen­morden (den femicidios, die vor allem in der Grenzstadt Ciudad Juárez ungestraft stattfinden) gebeutelt. Dies provoziert eine Dichtung, die zu registrieren versucht, was die Ursachen und die Folgen dieser sozialen und politischen Unfass­barkeiten sind, die die Medien letztlich kaum mehr zu analysieren wissen. Dennoch stehen poetische Texte, inmitten dieser aktuellen politischen und sozialen Wirk­lichkeiten, auch noch im Wechsel mit einer weiteren Schule des Blicks, der Kontem­plation.
  Dieses Dossier präsentiert eine Sammlung von Gedichten, die auffällig oft eine filmische, clip-artige Perspektive wählen und gleichzeitig eine Kritik des Blicks praktizieren. Unter ihnen findet sich jedoch auch Mikrofiktion (microficción), ein hybrides, durchaus ebenso poetisches Genre, das in Lateinamerika und Spanien gerade Furore macht. Die microficción macht eigenwillige Impressionen möglich, die auf ihre Weise auf die Ästhetik der Avant­garden zurückführen und gleichzeitig mit der Erfahrung hypertextueller Strukturen zu tun haben.
  Soviel zu einem poetischen Aktendeckel, unter dem tatsächlich ­balaceras lauern, unter dem die Rede ist von Ufos oder ähnlichen Sichtungsphänomen, unter denen an das gewaltsame und ungestrafte Verschwinden von Mädchen erinnert wird. Ob es bei der Rede über Ufos also ausschließlich um Entführungen durch Außerirdische oder auch um irdischere Varianten geht, muss hier nicht beantwortet werden. Wenn es weiterhin in einem Gedicht heißt, „Jesus liebt dich“, in einem anderen aber "Jesus liebt dich nicht", dann mag das damit zu tun haben, dass manche der Dichter/innen auch in der Tradition von Schreibweisen stehen, die vor den Avant­garden liegen. So finden sich explizite Verweise auf den Barock Neu-Spaniens (insbesondere auf das Werk von Juana Inés de la Cruz), d.h. auf eine literarisch äußerst fruchtbare Zeit, in der das theokratische Weltbild ins Wanken geriet, die lateinamerikanische Kultur aufblühte und gleichzeitig eine der größten Dichte­rinnen des Kontinents ihr Zeugnis hinterließ.
  Soweit zu den Akten. Aktendeckel zu. Viel Spaß nun mit einigen aktuellen poetischen Sichtweisen aus Mexiko, einem der vielfältigsten und faszinierendsten Ländern Lateinamerikas. Klappe auf.


 

Luis Felipe Fabre

Illustration: Miriam Zedelius

Luis Felipe Fabre wurde 1974 in Mexiko-Stadt geboren. Heute schreibt er (lang­sam, beharr­lich), lebt er (schnell) und arbeitet er (viel) dortselbst. Im Jahr 2007 veröffentlichte er Cabaret Provenza, einen in minima­listischer Zeige­sprache ver­fassten Gedicht­band. La sodomía en la Nueva España (2011) führt diese Schreib­weise fort und befasst sich mit Formen verbotener Liebe zur Zeit des Vize­königreichs Neuspanien. Fabre hält sich für einen kommer­ziellen Autor, kriegt das jedoch mit dem Genre, das es auf ihn abgesehen hat, nicht zusammen. Deswegen ist er lieber ganz offensiv nicht verkäuflich.



Bildnis der Unbekannten

 auf der Grundlage eines Gedichtes von Juan Carlos Bautista

Da liegt ein hochhackiger roter Schuh

der, als solcher bereits,
Gespenst seines Gegenstücks ist.

Ein mitten in der Nacht verlorengegangener Schuh,
verlorengegangen zwischen dem einen
und dem nächsten Schritt, mitten auf der Straße.

Ein Schuh, der eine Frau vermuten lässt,
die nun mit einem Mal hinkt
und gewiss von tragischer Gestalt ist.

Mehr als ein Schuh: Fährte, die zur Lösung eines Falls führt.

Der Schuh, der eine Frage ist,
deren Antwort ein weiterer Schuh ist.

Aus dem mexikanischen Spanisch übertragen von Rike Bolte


 

Carla Faesler

Illustration: Miriam Zedelius

Carla Faesler wurde 1967 in Mexiko-Stadt geboren, wo sie auch heute lebt und arbeitet. Sie hat unter anderem die Gedichtbände Catábasis exvoto (2010), Anábasis Maqueta (2004) und No Tú sino la Piedra (1999) publiziert und ist in zahl­reichen Antho­logien vertreten. Außerdem fertigt sie Poetryfilme und Foto-Poemas an und probiert die Mikrofiktion aus. Nicht von ungefähr ist sie auch ­tuitera. Bitte nachprüfen auf: twitter.com/CarlaFaesler.



Über Wasser

Unter der obersten Schicht des Meeres,
eine ersoffene Gestalt mit dem Gesicht nach oben.

Ihre Augen sprechen in Fischen,
ihre Lippen schreien irgendetwas von Algen.

In der Nase
nicht aufgegangene Blasen.

Mit schneeweißem Arm prüft sie die Luft,

dann geht sie langsam unter.

Geht ganz, ganz unter.

Nur das Haar ist noch zu sehen,

es schwebt vor Angst.

Aus dem mexikanischen Spanisch übertragen von Bettina Krestel


 

Maricela Guerrero

Illustration: Miriam Zedelius

Maricela Guerrero wurde 1977 in Mexiko-Stadt geboren, wo sie heute weiterhin lebt, schreibt und arbeitet. Bislang publizierte Gedichtbände: Efectos Secundarios (2004), Desdea las ramas una guacamaya (2006) und Divino Tesoro (2008). Womöglich verdankt sie ein Stipendium für ihr Projekt Casas (Häuser) der Tatsache, dass sie einst von der Architektur zur Literatur wechselte. Ein weiteres Projekt von ihr trägt den Titel Kilimanjaro. Hier folgt unter anderem ein Auszug daraus – ein auf den Tropfen genaues Milch­rechnungspoem.



Magellan-Pinguine

Ich weiß ja nicht, was du in deinem Jammer gesehen hast; aber ich sah Strände und bunte Fische, sah auch Eisblöcke schmelzen in Rio, São Paulo; Magellan-Pinguine und Todeskampf: sah zarte Vögel und Reisende mit Sonden: strauchelnde spheniscus magellanicus, kleine Pinguin-Patienten, hungernd und frierend in den Öfen von Rio: zarte Pinguine are abducted.

Aus dem mexikanischen Spanisch übertragen von Johanna Schwering und Julika Schmitz


 

Julián Herbert

Illustration: Miriam Zedelius

Julián Herbert wurde 1971 in Acapulco geboren und lebt heute in Saltillo. Er hat Kurzgeschichten und Romane veröffentlicht sowie u.a. die Gedichtbände Chili Hardcore (1994), El cielo es el naipe (2001) und Kubla Khan (2005). Dazu kommt die mit Rocío Cerón und León Plascencia Ñol herausgegebene Anthologie El decir y el vértigo. Panorama de la poesía hispanoamericana reciente (2003). Außerdem ist Julián Herbert Sänger der Rockband Las Madrastras. Sein Tipp: Sich weder in Hackfleisch noch in gedeckte Tische zu verlieben. Niemals.



Jesus liebt dich nicht

They shoot horses, don’t they?
Horace McCoy

Nun öffne schon das Fenster
und spring
Los Tres


Du wirst langsam hässlich, außerdem liebt dich Jesus nicht,
du fette Kuh,
plärren die Wände des Fitnessstudios,
du fette Muse,
steig bloß nicht runter (gemeint ist
das Laufband), steig bloß nicht runter
denn so purzeln sie schneller runter (Vgl.
Juan de Yepes; was
bildest du dir ein, auch ich habe
ein Staatsexamen).
Steig bloß nicht runter, denn so purzeln sie schneller runter: Man spricht
über dich
und sagt: Jesus
liebt dich nicht.
Jesus liebt dich nicht. Und doch lädt er dich
immer noch
zum Spaziergang ein:
Führt dich ins Umland,
schubst dich in einen Schuppen,
besorgt es dir von hinten,
wispert zwischen den Grillen
die Kantilene der 80er:
»Ich mag dich nicht mehr, Kleines,
ich liebe jetzt Pferde«,
und spricht mit wohlnäselnder Stimme,
nach dem mathematischen Studium der Mysterien;
ein Kastalidenflohzirkus.
Er liebt dich nicht.
Jesus liebt dich nicht. Auf Vernissagen
steigt er
den blassen Bräuten
der Rapper
der Designer
der Cyberrotomanen
und der Galane hinterher –
den perfekt gestylten Mädchen,
die sich niemals
nur zumSpaß ein Auge rausnehmen ließen;
er ersinnt Nummern,
die Sein Name sind, die
im Vip’s auf den Bestellzetteln
stehen, in der Hoffnung
die Enkeltöchter des Geldes
mögen ihm eine SMS schicken; er kickt Büchsen (finstre Gestalt
in einsamer Nacht) unter der Bedingung,
ich möge dich nicht anrufen, nicht
betrunken in deinen Pool springen,
mit dem ollen Laub drin:
eine Ekloge im Hospiz.
Du wirst langsam hässlich,
widerlich, gebrechlich, anmaßend,
du fette Muse,
und Jesus liebt dich nicht mehr:
Er liebt jetzt Pferde.
Hör mal: Werden Pferde
nicht auch vor den Schlachter geführt? ...
Widersetz dich nicht.
Spuck mich nicht an.
Ich tu dir doch nur nen Gefallen.

Aus dem mexikanischen Spanisch übertragen von Timo Berger


 

Eduardo Padilla

Illustration: Miriam Zedelius

Eduardo Padilla wurde 1976 in Kanada geboren und lebt und arbeitet heute in Léon. Seit seinem sieben­und­zwanzigsten Lebensjahr macht er Poesie; seit seinem neunund­zwanzigsten Lebensjahr elektro­ni­sche Musik, die sich an Vogel­gesang, Sprach­gestörtheit und anderen Delirien inspiriert. Er hat in zahlreichen Zeit­schriften publi­ziert; im Jahr 2007 verwirrt sein Gedichtband Zimbabwe, ein karika­tureskes Werk, das Codes aus Wissen­schaft und Mythologie benutzt – und auch die Ver­worfen­heit des medialen Subjekts zum Thema macht. Danach folgt Minoica (2009, mit Angel Ortuño). Padillas Logik ist die des Chaos, seine liebste Erzählung die Science Fiction. Gerne rät er, Karto­graphen ins Aufnimmer­wiedersehn zu schicken.



Zerstreut, Chaotisch, Nutzlos

ein Gedicht, der Erfindung des Teleskops gewidmet

Atmosphäre

Der Himmel ist rot diese Nacht,
wie viel Blut gluckert
über düster aufsteigende, nicht zu erobernde Stufen
… die Pyramide unserer Investitionen.


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Wir wetten blindlings, bestechen in großem Maße und denken darüber nach,
wie viele (quantum) und mit wie vielen.

Wir tun das Mögliche, außer uns etwas Würde anzumaßen und vor der Zeit abzutreten.


Syllogismus

Energie ist Zeit, Zeit ist Geld, Geld
ist der magische Eskapist in die Leere deiner Brieftasche.


Noch einmal das zweite Gesetz der Thermodynamik

Der Satz schwindender Gewinne
bleibt gelassen. Lebte unter uns ein echter Nihilist,
gäbs weder Buddha noch Christ, der sich diese Gelegenheit entgehen ließe,
auf einem Foto zusammen mit dem so entwaffnend Gerechten zu erscheinen.
Bloß ist das Foto nicht machbar, das Licht für die Aufnahme fehlt. Der Negativ-Engel
wird gekrönt von der Fusion zweier schwarzer Löcher, die Kosmologen soviel bedeutet
wie ein interdimensionaler Lesbenporno, dessen Orgasmus den Zusammenbruch der eigenen
Abhängigkeit davon bedeutet, sich dort Dinge reinzustecken, wo die Sonne nicht scheint,
alles Mögliche tatsächlich, alle nur denkbaren Dinge aller Zivilisationen der Galaxie
oder Soup de jour.

(Auszug)

Aus dem mexikanischen Spanisch übertragen von Rike Bolte


 

Minerva Reynosa

Illustration: Miriam Zedelius

Minerva Reynosa wurde 1979 im nord­mexika­nischen Monterrey geboren und lebt heute in Querétaro. Ihre ausgewiesen rhythmische, phone­tische sowie spielerisch fehlerhafte Poesie verlangt nach ­Performance und gestattet sich auch das eine oder andere Straucheln. Sprache ist in Minerva Reynosas Werk ein Gegenstand und als solcher nachzulesen in: Una infanta necia (2003), Emötoma (2007), La íntima de las cosas (2007), Atardecer en los suburbios (2011). Sie betreibt den Blog ladoncelladilatada.blogspot.de sowie mit Benjamín Moreno eine Website mit Text-, Bild- und Digital-Experimenten.



Abenddämmerung in der Vorstadt (Fragmente)

im zweiten stock große unordnung auf dem bett mit meinem ex-freund an der seite ohne dass ich irgendwas genießen könnte denke ich an dich wie beim letzten mal wie am ende mit dem anfang gemeinsamer zeit vor augen denke ich weine auf dem küchenfußboden süße zusammenkunft jugendliches wasser jamaica spanien wie wäre es jetzt mit uns beiden gefiele uns der sessel die lippen wen träfe die artritis und ich denke unordnung unterhalb des bauches die zukunft der sommerliche regen der widerschein der hitze im himmel deine oviparen augen das ­kastanienbraun ich weine unter den vogelschwärmen ich weine kreischendes abschiedsgeheul ohne das bitten zu lassen der hunger der sog des körpers der fasern eines anderen körpers abgibt intention homilie ich denke mir liegend kunststoff-opfer an meiner seite ohne meinen ­ex-freund den zen-see das rüstzeug den kopf den liebhaber genießen zu können wir können uns nicht trennen du das schreiben ich auf den küchenboden geworfen die haut die kälte love mark ich zwischengeherzt meine titte kalt ohne deine hand oder brust die kraft deiner mitte jamaica spanien wie wäre es jetzt mit uns beiden und ich denke an dich ­während ich mich der liebe entziehe unversehrt wie das letzte gemeinsame mal



Auszug

Aus dem mexikanischen Spanisch übertragen von Tabea Huth




   

Lyrik-Dossier Mexiko,
Gedichte und Prosa
und sechs Gespräche
zum Thema
Literatur und Musik
in poet nr. 12.


Literaturmagazin
Poetenladen, Frühjahr 2012
340 Seiten, 9.80 Euro
ISBN 978-3-940691-34-7

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Dossier von Rike Bolte   27.03.2012      Seite empfehlen  Diese Seite weiterempfehlen

 

 
Rike Bolte
Dossier