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Ulla Hahn
Dichter im Käfig
(Für E.P.) In meiner ersten Nacht im Krankenhausträumte ich von einem Mann der Kniebeugen machte an einer sonnigen Straße in einem Käfig. Kniebeugen und ruckartige Bewegungen mit einem Holzstock in der rechten Hand Degenstöße Golfabschläge ein Hauen und Stechen ins Leere. Manchmal klirrten die Eisenstäbe die man vor seiner Ankunft verdoppelt hatte. Ich versuchte ihm ins Gesicht zu sehen seinen Blick zu fassen. Noch unterm wilden Bart war ein Lächeln erkennbar. Die Augen lichter loh im Widerschein entrückter Sterne. Ich streckte die Hand aus durch das Eisen nach der Hand die den Stock hielt die andere raffte die lumpige Hose hoch. Gürtel und Hosenträger fehlten. Keine Schuhe. Der Mann holte seine Augen von weither zurück – Wie hast du mich gefunden? – Auch seine Stimme aus weiter Ferne rauh wie wieder und wieder verwendetes Packpapier. Ich erschrak. Nicht ich hatte ihn jemals gesucht. Er war doch zu mir gekommen. Aber wie war das möglich? Er im Käfig. Ich an Schläuchen und Drähten. – Lass uns singen – schlug er vor und hob den Stock wie zum Taktschlag. Ich wagte kein Wort geschweige denn eine Note gar eine Melodie. Er aber sang. Sang von weißen Ochsen Zeltzipfeln geschlitzten Monden von Feigenholz Pinienzapfen und Zedern sang von Parder und Basseriden Reblaus und Reben von Geld und usura Aufklärung und Sperrgebiet – Schönheit ist schwer – sang der Mann im Käfig Sang Samenkorn Bücher Waffen Goldbarren mathematische Musik Später – der Mond war schon untergegangen und auch die Plejaden – verschwand er hinter der Spanischen Wand die mein Bett von dem der sterbenden Nachbarin trennte Ade du einsamer schwarzer Vogel so mutig ängstlich wachsam entsetzt A dieu. (Ob wir einmal gemeinsam singen? Dann aber ein Lied von den Menschen) Von Menschen sang er keinen einzigen Ton.
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