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Jan Wagner
störtebeker

„Ich bin der neunte, ein schlechter Platz.
Aber noch läuft er.“

– Günter Eich –

noch läuft er, sieht der kopf dem körper zu
bei seinem vorwärtstaumel. aber wo
ist er, er selbst? in diesen letzten blicken
vom korb her oder in den blinden schritten?
ich bin der neunte und es ist oktober;
die kälte und das hanfseil schneiden tiefer
ins fleisch. wir knien, aufgereiht, in tupfern
von weiß die wolken über uns, als rupfe
man federvieh dort oben – wie vor festen
die frauen. vater, der mit bleichen fäusten
den stiel umfaßt hielt, und das blanke beil,
das zwinkerte im licht. das huhn derweil
lief blutig, flatternd, seinen weg zu finden
zwischen zwei welten, vorbei an uns johlenden kindern.

Jan Wagner      08.02.2007      
aus: Guerickes Sperling, Berlin Verlag, Berlin 2004

Jan Wagner
Lyrik