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Jan Wagner
der westen

der fluß denkt in fischen. was war es also,
das sergeant henley ihm als erster
entriß, die augen gelb und starr, die barteln
zwei schürhaken ums aschengraue maul,
das selbst die hunde winseln ließ?

die stromschnellen und ihre tobende
grammatik, der wir richtung quelle folgen.
die dunstgebirge in der ferne,
die ebenen aus gras und ab und zu
ein eingeborener, der amüsiert
zu uns herüberschaut und dann
im wald verschwindet: all das tragen wir
in adams alte karte ein, benennen
arten und taten. fieber in den muskeln
und über wochen die diät aus wurzeln
und gottvertrauen. unterm hemd die zecken
wie abstecknadeln auf der haut: so nimmt
die wildnis maß an uns.

seltsames gefühl: die grenze
zu sein, der punkt, an dem es endet und
beginnt. am feuer nachts kreist unser blut
in wolken von moskitos über uns,
während wir mit harten gräten
die felle aneinander nähen, schuhe
für unser ziel und decken für die träume.
voraus das unberührte, hinter uns
die schwärmenden siedler, ihre charta
aus zäunen und gattern; hinter uns
die planwagen der händler,
die großen städte, voller lärm und zukunft.

Jan Wagner      08.02.2007       

Jan Wagner
Lyrik