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Ron Winkler
Torp

Angebot zum (Gedanken-)Spiel
  Kritik
  Ron Winkler
Torp
Verlagshaus J. Frank, Berlin 2010
156 Seiten, 24.90 €

 


Ron Winkler hat ein neues Buch veröffentlicht. Es ist im Verlagshaus J. Frank erschienen und heißt „Torp“. Das ist offenbar der Name der Person Torp mit dem sich „Torp“ befasst. Stellt sich die Frage, wer dieser Torp ist. Es liegt aber sicherlich nicht im Sinn der Sache einfach so zu erklären wer Torp ist. Dieser Torp, „an dem die Zuweisungen abperlen wie Regentropfen an Bren­nessel­blättern“, wie es doch im letzten Satz heißt.

Die Erklärungen macht sich „Torp“ bereits selbst zur Aufgabe. In enzyklopädisch anmutenden Anekdoten, in parabelhaften Rand- und Haupt­notizen wird auf jeder zweiten Seite etwas zu Torp gesagt. Zu Torps Welt vielmehr. Oder vielleicht: Zu Torps Wahrnehmung von dieser Welt. Oder gleichermaßen: Zu Torps Wahrnehmung durch diese – seine? unsere? – Welt. Womit „Torp“ gleichzeitig Torp erklärt, „Torp“ erklärt. Ohne ihn jedoch in maßloser Definitions­wut für den Leser gut sichtbar auf den Seziertisch zu fixieren und auszuweiden: In all den knappen Ausführungen zu Torp sind immer schon immer Differenzen zu sich selbst wenn nicht gar ihre Gegenteile mitgeschrieben. „Torp würde auf die sprich­wörtliche Insel nur eines mitnehmen: eine Anti-Insel“.

Das ist dieses Buch, dieser „Torp“, ist also dieser Torp: Immer auch ein Anti-Torp, ein Anti-“Torp“, der sich entzieht, der manchmal denkt, er müsse sich „selbst besuchen“. Torp würde „schon gern das Vergnügen haben, ich zu sich sagen können“, lebt aber gerade davon, mehr(ere) zu sein. Mit „Torp“ verhält es sich ebenso wie mit Torps Bücher­sammlung, es ist ein „Stimmbruch“, aus dem man sich Brocken für Brocken heraus­greifen und -brechen darf, ob wahllos oder ganz bewusst. Man erwischt sowieso immer den richtigen Torp. Der wiederum ist selber ein solcher Stimmbruch, lässt mal mehr, mal weniger deutlich die Sonderlinge anklingen, von Melvilles Bartleby bis Brechts Herrn Keuner. Nicht nur das: Dieser „Torp“ steht sogar in seiner eigenen Tradition. 2009 erschien bei SuKuLTur bereits ein Heft mit einigen Torp-Skizzen. Da gibt es viele Über­schneidungen, einige Änderungen zum „Torp“ von 2010 hin. Torp, der sich selbst weiter­schreibt, „Torp“ weiterschreibt. So erklärt letzten Endes „Torp“ nicht Torp, er fängt ihn ein in seinen Kauzigkeiten, seinen Differenzen zu diesem und jenem, sich selbst, seiner Welt und so fort. Alles auf sehr wenigen Seiten.

Was dann schon wieder nicht ganz ins Bild passt sind ausgerechnet die Bilder. Der Künstler mit dem wohl­akzen­tuierten Namen Pètrus Åkkordéon hat sicher­lich keine künstlerisch schlechte Arbeit geleistet. Seine Zeichnungen illustrieren, ergänzen den Text; sie erklären den Text-Torp zeichnerisch. Es liegt aber sicherlich nicht im Sinn der Sache, einfach so zu erklären, wer Torp ist. Die Illustration hätte ihn besser weiterdenken, ihn kommentieren oder vielleicht hier und da negieren sollen.

„Torp“ beweist nachdrücklich, dass Literatur Angebot zum (Gedanken-)Spiel sein kann. Die senten­zenhaften Anti-Sentenzen zu Torp und die jenen eingeschriebene latente Selbst­reflexivität können abschrecken, sollten es aber nicht. Schließlich werden sie präsentiert mit schier unerschöpf­lichem Humor, einem Poesie und wissenschaftliche Nüchtern­heit tänzerisch amal­gamie­renden Stil und dem ironischen Augenzwinkern Ron Winklers.

 

Kristoffer Cornils   28.01.2011   

 

 
Kristoffer Cornils
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