Enkel der sagenhaften Großmutter ist der Zweitklässler Sascha Saweljew, den seine Mutter laut Aussage der Großmutter gegen einen Giftzwerg und Erbschleicher eingetauscht hat. Seit seinem vierten Lebensjahr lebt er mit seinen Großeltern in einer Zweizimmerwohnung in Moskau und bekommt hautnah zu spüren, was das Leben – die Ehe, der Verlust eines Kindes, Psychiatrieaufenthalte – aus einem Menschen mit Verstand und Charakter machen können: ein wild um sich schlagendes, missgünstiges Geschöpf, das nur noch aus Bitterkeit und Tollwutsanfällen besteht. In welchem Klima Sascha aufwächst, wird von Anfang an deutlich: »Du stinkst schon nach Aas. Riechst du es nicht?, Du gottverdammtes stinkendes Miststück!, Du Miststück! Du Hundesohn!« Nichtsnutz, Halunke, Kretin, Kanaille, ein Schwall von Schimpfworten geht täglich auf den Jungen nieder, für den sie nach eigenen Angaben überhaupt nur jeden Morgen die Augen öffnet, den allein sie mit ihren Tausenden von homöopathischen Mittelchen vor dem heimtückischen Staphylococcus aureus beschützen kann. Die Großmutter fällt verbal über ihren Enkel her, wie über ihren Ehemann, den sie für ihr Schicksal verantwortlich macht. Das Zusammenleben der beiden Alten ist vergiftet, aber sie bilden ein unerklärliches, unverbrüchliches Bündnis gegen ihre gemeinsame Tochter, das Flittchen, wie auch Sascha sie nennt. Der Junge sieht seine kleine, wachsende Welt mit den Augen seiner Großeltern und entfremdet sich zusehends von seiner Mutter, die ihn regelmäßig und nur unter Aufsicht der Großmutter besuchen darf. »Nur mit meiner Mutter war ich gern zusammen. Nur sie erzählte interessante und lustige Dinge, nur ihr hörte ich gern zu, nur sie machte mir Geschenke, die mir gefielen.« Sie nimmt ihm seine von der Großmutter geschürten Ängste, bei ihr zu Hause hinter der Fußleiste will er begraben sein, um sie sehen zu können und nicht von den Würmern gefressen zu werden. Sie ist seine einzige Hoffnung, das weiß auch der Leser, der Mutter und Sohn allzu gern von der Großmutterlast befreien würde. Der Titel ist originell; vom Cover blinzelt herausfordernd ein sommer- Angesichts der zunehmenden familiären Gewalt gegen Kinder, ob nun von Eltern oder Großeltern ausgeübt, kommen die Verniedlichung der Großmutter, die Verharmlosung von Kindheitsschrecknissen einer Verhöhnung gleich. Oder sollte man gerade deshalb lachen, weil es so viel Elend gibt? Daniela Rhinow 22.05.2007
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Daniela Rhinow
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