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hüterin der seifen

ich bin grau, doch ich lebe am wasser, am fluss lebe ich, am strom, unter den brücken führt das wasser entlang. grau bin ich von den wimpern nach unten und innen wieder hinauf bin ich grau. doch ich lebe am wasser, am fluss lebe ich, wo es brandet und strömt. was macht schon das grau, innen und außen, was macht es. grau ist es, und ist das nicht etwas. nicht schwarz und nicht weiß, doch am wasser strömt es und brandet unter mein wimpernes zelt. grau. ich bin kühlgrau und lebe am wasser. dort habe ich häuser aus farn. ein nesthaus zum schlummern und eines für seifen. ich hüte die seifen. ein nesthaus aus farn, grün, dort schlaf ich am wasserrand, dort schlaf ich nachts fest. ein nesthaus aus farn, grün, allein für die seifen. sie sind dort geschützt vor dem regen, der brandung, vor diebischen elstern. die seifen sind spöttisch: geschützt im nesthaus aus farn lachen sie über das grau in meinem gesicht und an meinen händen. die seifen sind spöttisch, sie kennen das grau in seinem papierenen schritt durch die tage. grau und papieren ist sein schritt durch die tage. die seifen sind spöttisch. grau bin ich, und ist das nicht etwas. wir werden gleich sehen.

ich bin grau, und ich hüte die seifen. am fluss lebe ich, zum anderen besitze ich seifen. ich fasse die blaue, ihr korpus oval. ich greife die seife in blau. dass sie pudrig im duft ist, gleicht einem lied. ich singe am fluss, wo ich lebe. er fließt und er fließt, mein graues gesicht, meine hände und ob es den fluss vielleicht schert. den strom unter brücken, ihn schert’s nicht. ich singe ein lied ganz in blau. die seife wird weich im strom meiner hände, die tauchen so sacht jetzt in’s wasser hinab. die seife wird weich, sie ist blau, wie sie riecht. ganz nach puder riecht sie. und im wasser, im spiegel trifft mein gesicht meins. eins ist grau wie das andere. und ist das nicht etwas. wir werden gleich sehen.

wie der fluss fließt aus wasser, wie er strömt noch und strömt und gesäumt ist von farnen. wie es rauscht in den ohren, die grau sind, die lauschen ganz grau jetzt dem strömen, dem fluss. und der schaum dort. löst sich auf blau im wasser und an meinen händen. löst sich auf. und was soll ich denn wasser heben an mein gesicht. ich bin grau. und so fall ich kopfunter und teile das wasser mit stirn und mit fingern. und ich öffne die augen und folge der seife im zeitlupensturz. wie sie fällt, fast schon segelt, eisvogelblau unter wasser jetzt fällt und der spott sie im ausdruck verlässt. sand wirbelt auf. milliardenfach sand. und ich fasse dorthin, wo der sand steigt und ich schließe die augen. ich reibe den sand auf meinem gesicht hinauf und hinunter und dann einmal rund. und ich atme mit kiemen, die wachsen behend nach dem einsturz, die zarten. ich atme hinein in die kiemen. wie die algen mich streichen, das geht doch. das geht doch sehr einfach und ist frei von spott. ich bin grau und ist das nicht etwas.

bin ich grau. bin ich das. und der flussspiegel zeigt:
hellgelb und weiß. ich bin hellgelb und weiß von den wimpern nach unten und innen wieder hinauf bin ich hellgelb und weiß, und ich lebe am wasser.
ich bin die hüterin der seifen.

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