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Und Spucke: Züngeln in der Armkehle: ein tolldreister Küster und
andere Versager. Sprache dazu ist sehr beschränkend, sobald
keiner mehr atmet, wird alles Bühne, ein großer Auftritt: schnell
weg weg weggesoffen das Leben. Und selbstredend, sagt der
feine Herr (in diesem Bordell der Geschichte), waren Sie heute
mein Gast. Ob man noch rauchen mag, ein bißchen dann sterben.

  Fleisch: Köder  

Wien

Schon die Luft wirft den Schatten voraus: Satin und Loden, der
demütige Kreis: die besten Adressen vergeben, der Intendant ist
tot, und der Mundharmonikaspieler verlor seine Hände. Sonst
ätherische Bedeutungsschwere: gepuderte Bizeps, schäbig, immer
in Zwang, in Trieb, in Flucht: die vögeln offen die Pummerin und
heimlich wachsen ihnen Rosen aus der Männerbrust. Bis ins
Alter fürchten sie sich: die Brieftasche umklammert, verlangt der
gebißtragende Premierenarsch ein Unbedenklichkeitssiegel.

Fleischige Waden, aber Paillettentutu: nach Liliom durch sämtliche
Garderoben gejagt: jeder Bartstoppel beschert ihr einen verzwickten
Traum. Ungetestet: immer repetiert sich Selbsterhaltung wie eine
defekte Schallplatte: silberne Löffel klauen, später abschlafen, einen
nach dem anderen: und hier und da ein Medikament spendiert.

Ausgeschlafen, entgolten: Verklärungssucht gegen Wille, höchstens
träumt es sich: die Ränder des Praters, da fiel einem ein Foto eines
burgenländischen Storchenpaars aus dem Bauchkorsett. Schön
korrepetiert: ein, aus, drin und drauß: von der feudalen Hochzeit und
dem verrotteten Ringelspiel: zwei Viertel Retrovir, dafür hat die
innereuropäische Todesschwadron die Stadtwolken blutig geritten.

Ich würde Sie gerne als Gegner haben, sagte einer, das schürt die
Bereitschaft: unter dem Bett lag ein Köter, deutscher Schäferhund.


Fleisch: Köder
Gedichte
Stora Verlag
München 1999

 

Karlheinz Barwasser
Lyrik