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Unter den Yorckbrücken
Berlinisch Zeichen

Der schwarze Himmel wie zusammengetrieben.
Demütig stehen die Laternen. Diffuses Gelblicht. Wracks.
Bohrend die Schneidbrennerblitze der Vorbeibrausenden,
das Kampfgeheul der aufspießenden Autoscheinwerfer,
die sich kreuzenden Köpfe, das Geratter, die Schattenfratzen
an Schuhsohlen und Querbalken und stinkendem Zaungebüsch.
Ein Treppengang, wie in den Himmel gestoßen, rachitisch geknickt.
Junger Beton mischt sich unter altes Eisen, jäh, brutal, weiß.
Stumm schreiend die schwarzen Träger, von Lasten geschunden,
die klapprigen Säulen, die geflickten Geländer,
die Versammlungen der zerknautschten Bierdosen.
Doch abseits, an erdfarbenen Mauern, sprüht ein immerverspieltes Lächeln.
Aus Plakatwänden quillt es, aus elektrisierten Mündern.
Und jedes Mal so'n blasser Schimmer von einer Sekunde Erlösung.

Antonín Dick          © Tenea

Antonín Dick
Lyrik/Prosa
Essay