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Zwischen den Hügeln
Berlinisch Zeichen

pausenloses Erzählen während des Gehens, dann der Wunsch nach Schlafen in abgefallenen Blättern unter zerschossenen Brücken, sich hinlegen und durch Löcher schauen, die abdriftenden Himmel und die steigenden Nebel, die Stadt steht auf Wasser, oder tagträumend schauen, wie die versunkenen Bunker sich schwelläugigen Betrachtern öffnen, die ganze Herkunft des Wassers, sich fast selbst überfluten, spüren, horchen, wie sich trübe Ströme gurgelnd und brodelnd durch bröckelnde Furchen wälzten, hinter ihnen übereinandergeschichtete Blöcke gefrorenen Wassers, ganze Gebirgszüge, wandernd, erst jahrelang ausharrend, dann losbrechend, grollend, krachend, gräßlich donnernd, Zermalmer, schneeige Erde auswerfend, Sand, Ton, Mergel, Granit, rollende und berstende Brocken, später, nach Einsetzen der Schmelze, ein riesiger Strudel, Land, eine Insel, zögernd, zage enttauchend, sandig, Reste von Firn, wie Schwemmland, verletzbar, schmal, flach, im matschigen Meer zwischen zwei Hügeln, wie eine Wanne, aus liegengebliebenen Felssteinen, Dünensand, Flugsand, dann Zeit zum Atmen, unten in der Sonne fiebernde Sümpfe, eine ausgedehnte schlickige Ebene, umspülende Flüsse und Seen, tödliches Blühen, in den Namen von Straßen und Brücken das Raunen der Sümpfe, Weidendamm und Weidendammbrücke, Blockdammweg, Am Rötepfuhl, Falkenried, Moorweg, Kreuzgraben, Teichgräberweg, Fennstraße, Fennbrücke, Fennpfuhlweg oder Am Rohrbusch, sie pfählten den Faulschlamm, und Sand und Geröll von den Hängen kippten sie dazwischen, sie stampften und ebneten, zogen Rinnen, Gräben, Abflüsse, Fließe, schütteten Dämme auf für Behausungen und Scheunen und Mühlen, mehrere Siedlungen, in einem der Stadtkerne der Mühlendamm und die Mühlendammbrücke, eine Moränenstadt, und die rastlosen Gründer wie die rastlosen Blöcke, Gehen als ihr nicht abzuschüttelndes Begleiten, Gehen wie durch das Wegegewirr der trockengelegten Sümpfe, eine Straße beginnt und verläuft sich gleich wieder, Gehen wie gegen unsichtbare Dämme, verklumpte Straßen, umherirren, keine Mitte, nur die Gedankengänge der Entwässerer in den Gliedern, und abends die Feuchte, das Lauern zwischen immer kürzeren Strecken, dann weißliche Kacheln an niedrigen Wänden, ab und zu nackt ein Granitblock, ein einziges Versinken, schwach leuchtendes Neonlicht links oben durch den ganzen Tunnel, die Decke ein Dickicht aus Stahlträgern, rostig, herabhängende Farbreste, dazwischen Nietkopf an Nietkopf, halb aufleuchtend, halb im eigenen Schatten verschwindend, zwischen den Trägern Regenauffangrinnen, an den Zuflüssen Wasserflecken, wie kleine Brandungen, Salzflecken, Kalkflecken, rechts das Sammelrohr, Blech, die Fallrohre dann, in die Erde sich bohrend, plötzlich ein einsames Gasrohr, dünn, nach einem Knick wie abgehackt in die Luft ragend, darunter eine ölverschmierte Manschette, Eisen oder Stahl, fest den Träger umklammernd, mit einem massigen Stift nach unten, nichts tragend, dann noch eine und noch eine, und plötzlich schwere Wassertropfen, das Gefühl, unter dem Sumpf zu sein, und dann senkt sich der Blick, und ganz hinten der sich öffnende Abend der Straße, sein bläulich schimmerndes Grau, in das grünliches Neonlicht flackert, wie phosphoreszierende Sümpfe

Antonín Dick          © Tenea

Antonín Dick
Lyrik/Prosa
Essay