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Clemens Umbricht
Turner in Venedig
1
Mit dem Daumennagel ritzt er Fregatten
und bröckelnde Palazzi in den Dunst.
Das Epos der Helligkeit erzählt vom Ursprung
des Lichts im Schatten der Architektur.
Abschiede werden zu Ankünften
bei der Abreise in den brennenden Himmel,
als sei eine Schlacht im Gange,
die die Sonne mit sich ausficht.
2
Jenseits der absoluten Summe des Gesehenen
malt er die Summe der Farben –
sie wird bei jedem Besuch grösser,
sie wird bei jedem Besuch kleiner.
Und jetzt steht er da, vertieft in den Monolog
eines Striches, und nichts, was er
tun könnte, verstellt die Dinge mehr
als die eigene unersättliche Blindheit,
neben der er ein Niemand ist.
Egal wie schwarz seine Gedanken sind,
das Monument gilt der Antithese:
dem Platz auf der Höhe des Sommers,
dem Schiff im gleissenden Mittag –
und seine Sonnenuhr gibt die Zeit an,
in der er nie gewesen sein wird,
Weiss auf weissem Grund.
Aus: Clemens Umbricht. LyrikHeft 13. Sonnenberg-Presse 2012
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