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Jayne-Ann Igel Am Ende mancher Tage Die nachmittagsseite, auf die die fenster des wohnzimmers in der enklave mündeten – Der zeitgenosse mochte sie nicht, die nachmittagsseite, kaum erträglich, wenn sie im sonnenlicht, nichts langweiliger als nachmittägliches sonnenlicht, das den untergang aller tagesansprüche einleitete, ein langwelliges, allzu lang währendes licht im sommer, im ersterben des tages, dieses quälenden tagesabschnitts, dessen vergehen hier minutiös zu verfolgen – was dem zeitgenossen nicht behagte, weshalb er sich lieber, wenn schon nicht draußen, in der küche aufhielt, die nun im schatten, kalt und blau, nichts anderes verheißend, nichts vorgaukelnd wie die nachmittagsseite, als könnte es endlos so weitergehen – Dies kalte blau mochte sich als beständiger erweisen … beständiger als das sich selbst verzehrende nachmittagslicht, das licht, in dem zu beobachten war, wer gerade heimkehrte, vom dienst, von der schicht, sich lautlos auf dem weg bewegte, dessen schotter schon eingesunken, in den grund (jahre später sollte er mit einer asphaltschicht versiegelt werden); die nachmittagsseite war jene, auf der man fußball spielte, sich prügelte und sonnte, auf der man decken über die gezogene wäscheleine warf, ein zelt errichtete, in dem es stickig war, warm, in dem man sich vor dem resttag verwahrte, einen eigenen tag zu ersinnen trachtete, der dann doch nichts anderes als ein abbild des alltags war … Aus: Umtriebe. Gutleut Verlag 2013
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Jayne-Ann Igel
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