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Susanne Eules
ůbern růckn des atlantiks den rand des nachmittags
Jenseits des GehEules die LaserS.KA(H)LPelle
Über Susanne Eules’ ersten Gedichtband
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Susanne Eules
ůbern růckn des
atlantiks
den rand des nachmittags
FIXPOETRY.Verlag, Hamburg 2012
100 S., 15.00 Euro
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Die Befürworter der sprachexperimentellen Dichtung und deren Verächter stehen einander nicht selten unversöhnlich gegenüber. Daß
dies nicht notwendig so sein muß, zeigen nun in schönster Weise die Gedichte
von Susanne Eules, denn sie sollten diesseits und jenseits des trennenden
Grabens gefallen. Eules’ Gedichte sind nämlich allemal ansprechend, weil
konkret, bildhaft und inhaltsschwer, nichts ist, trotz ihrer Komplexität, in
elfenbeinerne Höhen geschraubt, im Gegenteil, die Balance zwischen Verankerung
in den Realien und sprachlicher Destabilisierung macht den ungewöhnlichen Reiz
des (auch ansonsten schön gestalteten) Bandes aus. Selten hat das Sezieren der
Sprache solches Vergnügen bereitet.
Was zunächst auffällt, sind verfremdende
Schreibungen. Unter anderem durch Markierungen, Punkte im Wort, unübliche
Trennungen taucht zum Beispiel die See im „seegelherz“,
das Auge im „zÅUGEnblick“, die Frage in den „frag.menten“
auf. Mittels solcher Frakturen entstehen weitere Bedeutungsebenen, die den – laut gelesen nicht besonders ungewöhnlichen – Gedichten auf optische Weise einen sprachlich aufgeladenen Subtext unterschieben. Andere grafische Elemente
sind nordisch aussehende Umlaute wie å, ů oder ø oder das gleichsam
runenhafte ÿ. Sie verlangsamen das Lesetempo, fordern zu konzentrierterer
Lektüre und schärferer Wahrnehmung auf. Allerdings beschränkt sich ihre
Funktion allein nicht darauf, denn sie sind Teile eines vielsprachigen Gewebes
mit Einschlüssen und Einflüssen des Englischen und Französischen, einmontierten Zitaten und diversen Anspielungen auf u.a. Brecht, Celan, Hölderlin, Mörike, Christiane Vulpius, Paula Modersohn-Becker, Sylvia Plath, Emily Dickinson und – wen sonst – Friederike Mayröcker.
Es ist schwer, die Gedichte des vorliegenden Bandes
auf einen Nenner zu bringen, jedes hat seine eigenen Gravitationszentren, wird
durch die besagten Mittel zu einem Kräftespiel verschiedener Verweise. „schachtel
& halm – am damm der fahrt“, beginnt etwa ein Gedicht, das
als „postkard : fading“ getarnt ist, als verblassende
Postkarte also, in der qua Scheibung auch das Postkardiale mitschwingt: Das
Urtümliche ist ebenso präsent wie der moderne Zivilisationsmüll, die Fahrt ist
zugleich eine gedämmte, unterbrochen von Bertolt-Brecht-Zeilen, „lasst
euch nicht“, nämlich: verführen.
Das Schwindende und Verlorene verliert den sprachlich geleimten Zusammenhalt,
doch es bleibt der Trost: „immer blůht
die kunst des wacholderwerks“. Solche Naturbeschreibungen sind in
Eules’ Gedichten nicht selten, stets verquickt mit ihrer sprachlichen
Darstellung, die eine Wahrnehmungsform ist. Dem Naturgedicht wird somit eine
naive Idyllik ausgetrieben, doch über den Umweg der Verfremdung, die eine
Entfremung ist, kommt sie wieder hinein, als Folie für die Sehnsucht.
MELA.ncholie
lotung der SINNschrift
soggranul der sch.reib
flåche fokussiert an ner
fåcherung : das mittwissn
kerbig im gingkoblatt :
dehn & sehnung:
schlitzlicht das
auf die wortkante fållt
Das Nebeneinander von salopper Rede und hohem
Bildungsgut biegt das Artifizielle wieder zurück in den Alltag, in die
Beobachtung, in die Erfahrung. Das scheint mir die umgekehrte Richtung von
manchen anderen avancierten Bemühungen zu sein, die Sprache als solche
aufzurauhen und sichtbar zu machen. Susanne Eules gelingt es erfolgreich, alle
– vielleicht widerstreitenden? – Elemente miteinander zu verbinden.
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Jürgen Brôcan
Lyrik
Ausgangspunkte
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