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Nadja Küchenmeister
linoleum
mittagshitze. du stellst den koffer neben die tür
und kühlst mit kaltem wasser dein gesicht, drehst
dann wie immer deine runde im garten. er schnaubt
und hebt, noch müde, den kopf: sprich nur ein wort
drückt sich der hund an den zaun. und auf der wäsche-
leine: weiße laken, unterhosen. die brombeeren zittern
von wespen ausgehöhlt im strauch. du gehst in die laube
das fenster steht offen, dir ist seit jahren der geruch
vertraut, leicht säuerlich. was ist nicht in die wände
gekrochen: rauch und urin, familienflüche. am boden siehst
du dunkle flecken. die klappmatratze, aufgestellt und an
die wand gelehnt, hat kaum noch federn. was eben bleibt
von einem guten traum: ananas im strandkorb gegessen
august. ein mattes licht fällt durch den zaun. dann ist
auch diese nacht vorbei, du machst die augen wieder auf
und wiegst dich auf der hollywoodschaukel, doch selbst
im strandkorb sind die witze seit langem schon zu ende erzählt.
du stehst noch einmal vor dem leeren zwinger. der staub bleibt
auf den bänken liegen und keiner steht an der tischtennisplatte.
du siehst dich nur mal nach dem windschutz um, da rüttelt der
wind an den fenstern der laube; ein leises trippeln auf linoleum.
Aus. Alle Lichter. Schöffling & Co. 2010
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Nadja Küchenmeister
Lyrik
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