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Gerhard Zwerenz

Eine Anfrage:
Schafft die Linkspartei sich selber ab oder gibt es 70.000 Vorsitzende?

  Zwischenruf von Gerhard Zwerenz


Gegenwärtig schüttelt ein Tornado die Linke durch, gelang es ihr doch, von 11, 9 % bei den Bundes­tagswahlen 2009 auf land­tägliche 2 – 3 % abzumatten, was zu erreichen die Partei-Spitzen so streit-tüchtig wie lahm-arschig sich unge­heuer an­strengten. 2009 – Hoff­nungs­träger. 2012 – Provinz­possen und Posten­gerangel als wär's die FDP. Es ist wie der Berliner Flughafen ohne Flieger. Berlin – Hauptstadt? Fußball­bund und Geld­institute machen Frankfurt am Main zur heim­lichen Metro­pole, wohin die Marsmenschen strömen, den Bankern Bescheid zu geben, beschützt von Poli­zisten, die statt vom Mars aus Hessen kommen. Das ist die Blockupy – Kultur­revolution der bürger­lichen Mitte, die noch nicht weiß, was Piraten wollen. Das ist wie die Links­partei, der es schwerfällt zu entscheiden, möchte sie Lafontaine, Bartsch oder Wagenknechts Faust, den Sahra auswendig zitiert, um endlich Gretchen zu spielen statt Rosa. Parteitag hilf?
  Ihr seid ja so sympathisch wie alle andern in Auerbachs Keller, wo Old Goethes Figuren als Wandbild-Idyllen überleben. Etwas Licht aus der bewährten Klassiker-Weisheit enthalten zwei nd-Seiten vom 19./20. 5. 2012 im Gespräch Karlen Vespers mit Heiner Geißler „über die menschen­ver­ach­tende Dik­tatur des Finanz­ka­pitals, eine will­fährige Politik und die Not­wen­digkeit vernunft­geleiteten Wider­stands“. Weiter heißt es da:„Die Men­schen begeh­ren auf und das ist auch gut so.“
 Wenn in der Links­partei die Genossen Menschen mehr gegen­einander aufbegehren ist das weniger gut, sondern schadet dem gemeinsamen vernunft­gelei­teten Widerstand und fällt unter die Kategorie der Un­gleich­zeitig­keit. Mit dieser brisanten Definition hatte Ernst Bloch seinerzeit in Erb­schaft dieser Zeit gegen den dro­henden Faschis­mus ange­schrieben. Daran musste ich denken, als am 18.5.2012 ausgerechnet die so gern auf beiden Schultern tragende FAZ im Feuilleton warnte: „Bald wird alles anders sein.“ Denn: „Eine Revolution bahnt sich an. Dies ist der Auftakt einer Serie zur Dramatik dieser Umwälzung …“ Als agiler Sprecher des Chaos Computer Clubs entwirft Frank Rieger nichts weniger als die revo­lutionären Dimen­sionen einer „posi­tiven Utopie“, denn „gegen einen Umbau zur robo­ter­freund­lichen Gesellschaft ist die aktuelle Energiewende ein ver­gleichs­weise kleines Unter­fangen.„Rieger will die „Ver­gesell­schaftung der Auto­mati­sierungs-Ge­winne“, was die Genossen Mar­xisten flugs in Kon­flikt mit der Marxschen Mehr­wert­theorie stürzte. Doch keine Angst, die Linkspartei hat andere Sorgen. Und falls sie revo­lutionär wie Rieger in der FAZ aufträte, würde sie verboten. Der Ver­fas­sungs­schutz ist bekannt­lich längst auf dem Posten für den Fall, dass diese Linke sich nicht selbst abschafft.
  Die schräge Situation hat auch ihre guten Seiten. Streit und Krach bei der Linken beweisen, sie ist so deutsch und EURO-euro­päisch wie die anderen Par­teien. Vor dem Linken-Parte­itag am 2./3. Juni meldet sich eine ganze Corona weib­licher und männlicher Anwärter. Unser Vor­schlag: Jedes Links­partei­mit­glied wird zum Vor­sitzenden gewählt. Lafontaine, Gysi, Bartsch werden Ehren­vor­sitzende. Sabine Zimmer­mann wird ge­schäfts­füh­rende Bevoll­mächtigte der ca. 70.000 Vor­sitzenden. Sie kommt aus Zwickau und widerlegt die Bedroh­ung durch den NSU-Fa­schismus. Das ist ein Programm. Am 4. Juni ist der Links­parteitag vorbei. Von da an wird Politik gemacht.
Gerhard Zwerenz    25.05.2012    Druckansicht  Zur Druckansicht - Schwarzweiß-Ansicht    Seite empfehlen  Diese Seite weiterempfehlen

 

 

 
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