Aus der Ferne wird Nähe, Hamburg Hindringers neue Heimat. Das Leben hier ist jung und in einer ersten, brüchigen Balance, in der Nähe spielt viel eigene Musik. Das alles hat seinen eigenen Takt. Hindringer notiert, was dieser zerschneidet und umschreibt die Fliehkräfte in der Bewegung der Zeit. Und findet im Hintergrund Sinn. Der wird genutzt, um Zeilen zu brechen, und Zeilenbrüche werden genutzt, um Sinn zu teilen oder neu zu vermählen. In Hindringers sorgsam angezählten Rhythmen treiben erzählerische Passagen die Bewegung voran, Satzchiffren, entbeint aus privatem Handgemenge, lassen Vertrautes in schönen Wundern kollabieren, begleitet von vielen und raschen Assoziationen. Die wiederum bilden Ketten und Staffeln, kleine Sinnlawinen manchmal, die sich eigene Wege suchen. Zur Sache kommen die Vorstellungen (dieser Satz könnte von Hindringer sein – es ist die Art seines Spiels, es sind die Fundstücke seines Weges) und zur Vorstellung kommt die gemeinsame Sache. Weil es das auch heute noch gibt unter den Dichtern: die Verschwörung vor keiner der Wahrheiten in die Knie zu gehen in Anbetracht der poetischen Möglichkeiten, die sie enthalten. „die mutter ist nicht die hintertür / aber sie kann leise zuschlagen“. Das alles ist nicht laut. Es ist manchmal bewusst in die Nähe des Lapidaren gerückt. Da Poesie alltagstauglich und im Zufall möglich ist („und was vergeht, war nicht für uns gemacht“). Der Moment soll selbst entscheiden, ob er das Zeug zum Gedicht hat. Aus der geschulten Distanz überstreicht die Zuwendung ein breiteres Feld, die in Hindringers Fall nicht ohne Zärtlichkeit ist. Er besteht auf das richtige Licht, das Übrige bleibt zwischen den Zeilen vorhanden. geschlossene fenster Viele Gedichte muss man mehrmals lesen, sie sind sehr genau getuned und getimed, andere ähneln manchmal Zufallskaskaden, was dann die Anstrengung nimmt und eine sympathische Leichtigkeit verbreitet. Irgendwie hat Hindringer Spaß an seinen Gedichten und verheimlicht das nicht. Unerwartete Lichter flackern wie nebensächlich aus einer freundlichen Tiefe herauf – „es gibt dinge im leben / die kann man beschreiben / aber nicht beschriften, hat er behauptet“ und manchmal sind die Sätze pure Melodie, „die ferne kommt von dort und weiter weiß man nicht“ und dürfen so stehen bleiben auch in der schnellen modernen Welt. Das tut gut. Ein Band, der viel Lesevergnügen bereitet und Herbert Hindringer als jemanden ausweist, mit dem zu rechnen sein wird in den nächsten Jahren. Herbert Hindringer im Poetenladen
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Frank Milautzcki
Lyrik
Naß einander nicht fremd
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