poetenladen    poet    verlag

●  Sächsische AutobiographieEine Serie von
Gerhard Zwerenz

●  Lyrik-KonferenzDieter M. Gräf und
Alessandro De Francesco

●  UmkreisungenJan Kuhlbrodt und
Jürgen Brôcan (Hg.)

●  Stelen – lyrische GedenksteineHerausgegeben
von Hans Thill

●  Americana – Lyrik aus den USAHrsg. von Annette Kühn
& Christian Lux

●  ZeitschriftenleseMichael Braun und Michael Buselmeier

●  SitemapÜberblick über
alle Seiten

●  Buchladenpoetenladen Bücher
Magazin poet ordern

●  ForumForum

●  poetenladen et ceteraBeitrag in der Presse (wechselnd)

 

Norbert Lange
HOLBEIN
ben zi bena, bluot zi bluoda,
lid zi geliden, sose gelimida sin!

(Knochen an Knochen, Blut zu Blut, Glied an Glied –
so als ob sie zusammengeleimt)
zweiter Merseburger Zauberspruch

Und fräsens aus den Augenhöhlen –
welche ans Cafe gesetzte Figuren;
und stellen dieses ausgeschabte Bild
so dann vor den Kiefer eingebaut,

dass, Spielbein-Standbein, dieser Typ
mit Lanze / Sense – lässig auf den
Sensetresen lehnt: der Knochenmann,
der den Kiefer lässig kreisen lässt,

verdrahtet – und mit speziellen Stiften
grad noch so zusammenhalten soll:
fideler Pikenier aus dem Ikeakatalog,
die Augenfarbe Hohl; und lassen's

sachte in die Schläfen ab, Erinnerung
per Ansaugröhrchen in den Kopf,
so schmerzlich nah – da steht er dann
und baut sich vor uns beiden auf,

er nimmt nur eine Feinjustierung vor,
Fingerdruck, der Kiefer schnappt
und rastet schliesslich in den Schädel
ein – zu sehen phosphorweiß da

im Gesicht; sieht aus wie das Skelett
mit dem ich als kleiner Junge
spiele – und lassens aus den Rippen
tönen: leise das Gerippe spricht

vom Fieberstand im Thermometer und den
gemaserten Tapeten, vierzig Grad,
von Fieberwänden, seiner Hand auf meiner Stirn,
und hält mir einen Schraubenzieher hin.

[aus: Das Schiefe, das Harte und das Gemalene, Luxbooks 2012]

Norbert Lange   2013   

 

 
Norbert Lange
Lyrik