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Susanne Stephan
Poesia genoveseI. Centro storico Drei Polizisten betreten freundlich grüßend das Waffengeschäft hinterm Dom. Im berühmten Palazzo treibt uns der Führer hinauf: Follow me, follow me! No foto! vorbei an gespickten Heiligen, blutigen Häuptern auf Silbertellern, üppiger Schlachtware in Öl, raus aufs Dach, wo endlich der Auslöser klickt, wo der Himmel heftig umkämpft von durstigen Balkonen, nur die Kirchtürme sich bedecken unterm ozeanischen Blau. Am alten Hafen, vorm Aquarium, die Afrikaner mit ihrem Gucci-Armani-Bündel, blitzschnell zusammengerafft, aber wir haben Glück! rufen sie, you’re lucky today! halten uns bunte Bänder hin, bis wir unsere Ruhe erkauft bei Piranhas und Quallen, die im Dunkeln so fotogen, neben Kreuzfahrern mit Bügelfalten vor den Delfinen stehn, die – ein Tagauge, ein Nachtauge – im lichten Grau, im feinen Grisaille ihre Bildschirmschoner-Runden drehn. II. Nervi Ein Stück Via Aurelia, Strada Statale 1, abgezweigt, mit Schatten bandagiert. Nervenberuhigte Innerlichkeit. Verblasste Hotelnamen aus Zeiten, als hier einmal südlichstes Ziel. Ein Boot weit draußen, so kopfentsprungen. Der Park voller Grauhörnchen, die Plage des Kolumbus. Eine mächtige Villa: Museum zu Ehren des einzigen Sohns, der 1915 in den Krieg und sofort gefallen. Drei Etagen voller Möbel und Vasen, tapfer hält man die Öffnungszeiten ein. Aus: Haydns Papagei. Gedichte, Klöpfer & Meyer, Tübingen 2015.
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Susanne Stephan
Lyrik
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