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Ein Franzose aus dem Osten, ein Katholik mit jüdischem Gehirn
Vor 75 Jahren starb der große österreichische Erzähler Joseph Roth im Exil in Paris. Einen neuen Blick verdienen auch seine Reportagen von Europas östlichem Rand und die frühen Gedichte aus dem 1. Weltkrieg
Joseph Roth † 27. Mai 1939 |
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Im Abspann des so schrägen wie nostalgischen Films „Grand Budapest Hotel“ taucht Stefan Zweigs Erinnerungsbuch „Die Welt von gestern“ auf; nicht als Textvorlage, sondern, so erklärt der texanische Regisseur Wes Anderson im Interview, als Referenz für die Atmosphäre des Ganzen, die untergegangene Epoche des galant-diskreten Rezeptionisten Monsieur Gustave. Mit guten Gründen, behaupte ich, könnte hier auch Joseph Roths früher Roman „Hotel Savoy“ ins Spiel kommen. Es passt vor allem das Setting: Ein herrschaftliches Hotel wird zum Spiegel politischer Umbrüche, der reiche Besitzer lebt im eigenen Haus bescheiden unterm Dach. In „Grand Budapest Hotel“ erzählt er einem Besucher von der glanzvollen Vergangenheit, von Monsieur Gustave, seinem Mentor, als er noch ein kleiner Page war, von skurrilen Hotelgästen, irrwitzigen Kriminal- und Verfolgungsgeschichten, über die bereits die Diktaturen des 20. Jahrhunderts ihre Schatten werfen. Bei Joseph Roth spekulieren Gäste und Personal über den ominösen Besitzer Kaleguropulos, den keiner je gesehen hat, während ein „alter Liftknabe“, der oben bei den armen Dauermietern wohnt, unbewegt mithört und bei Todesfällen wie ein dunkler Bote draußen vor der Tür steht. Roths Hotel Savoy, dessen Vorbild wohl in Lodz stand, hat wie Andersons Grand Hotel, das an Karlsbader Prachtbauten erinnert, schon bessere Zeiten gesehen, jetzt, kurz nach Ende des 1. Weltkrieges (für die Zeitgenossen „der große Krieg“), wird das Haus zur Zuflucht für Kriegsheimkehrer, Gestrandete, Geschäftemacher, Zirkusleute, „Lottoträumer“, die anderen für Geld gute Tipps geben. Eine erwartungsvolle Spannung legt sich über die Stadt, als – man denkt an Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“ – ein reicher Sohn der Stadt, der amerikanische Millionär Bloomfield, seinen Besuch ankündigt.
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Joseph Roth
Hotel Savoy
Roman
Erschienen 1924
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„Hotel Savoy“ war mein Einstieg bei Joseph Roth, vor vielleicht zwei Jahren. Das Buch hat mich erstaunt, elektrisiert, mit seiner Modernität, seinem Nihilismus – sanft abgetönt, mit Stimmungen wie aus Picassos blauer Periode –, seinen poetischen Einfällen und seiner so klaren wie suggestiven Sprache. Es hat mir einen ganz anderen Joseph Roth gezeigt als den, den ich schemenhaft im Kopf hatte: den k & k-Nostalgiker, den im Vergangenen schwelgenden österreichischen Erzähler. Schändlich zu sagen, aber als ich Mitte der achtziger Jahre zum Studieren in Paris war, kam ich beinahe täglich am Café Le Tournon vorbei, in dem Joseph Roth seine letzten Lebensjahre verbrachte, habe die Plakette bemerkt, aber kein einziges Buch von ihm gelesen. Ich war fixiert auf die französischen Surrealisten, habe deren Orte gesucht, so den Sitz des „Bureau des Recherches Surréalistes“ in der nahen Rue de Grenelle. Als Geschichtsstudentin interessierte mich die Französische Revolution oder die in Paris gelehrte Mentalitätsgeschichte (von der ich hoffte, sie würde mir beim leider doch recht öden Fach über die letzten Runden helfen), aber nicht so ein Langweiler- Thema wie die österreich-ungarische Doppelmonarchie. Bei deutscher Schriftsteller-Emigration dachte ich an Bertolt Brecht in Dänemark, Kurt Tucholsky in Schweden und an Walter Benjamin – einer meiner Fixsterne im Germanistik-Studium –, der sich 1940 auf der Flucht vor den Nazis an der französisch-spanischen Grenze das Leben nahm. Auch Joseph Roth hätte auf die Flucht gehen müssen, was er vermutlich ahnte.
Als Roth im Mai 1939 vom Selbstmord Ernst Tollers in New York erfuhr, brach er, seit langem alkoholkrank, im Café Le Tournon zusammen; er starb kurz darauf, am 27. Mai 1939, mit knapp 45 Jahren, im Hôpital Necker an einer Lungenentzündung. (Geboren wurde er am 2. September 1894, hat also in diesem Jahr noch seinen 120. Geburtstag.) Beerdigt wurde er nicht wie Heinrich Heine auf dem Cimetière de Montmartre, sondern auf dem günstigeren Cimetière de Thiais in der südöstlichen Banlieue. Am Grab stritten Kommunisten mit Monarchisten, jüdische Freunde und ein katholischer Priester, der sich bei der Liturgie durchsetzte, was vielleicht zu Joseph Roths Selbstcharakteristik passt: „Ich bin ein Franzose aus dem Osten, ein Humanist, ein Rationalist mit Religion, ein Katholik mit jüdischem Gehirn“. Konvertiert war er allerdings nicht; kurz vor seinem Tod hatte er noch für eine geplante Neuauflage seines großen Essays „Juden auf Wanderschaft“, eine Verteidigung des Ostjudentums, ein neues Vorwort geschrieben, in dem er die Situation der Flüchtlinge vehement anklagt.
Joseph Roth war einer der entschiedensten Gegner des Nationalsozialismus – während Stefan Zweig oder Thomas Mann noch einige Zeit hofften, sich den deutschen Buchmarkt zu erhalten –, er verließ Deutschland am Tag der Machtergreifung Hitlers und misstraute jedem, der mit den dortigen Institutionen und Verlagen im Geschäft blieb. In Briefen und Artikeln schwang er seine Klinge gegen das Dritte Reich, den letzten diktierte er wenige Tage vor seinem Tod: ein sarkastischer Kommentar zu der Nachricht, dass bei der Erweiterung des Konzentrationslagers Buchenwald die berühmte „Goethe-Eiche“ von der Fällung verschont worden war. Joseph Roth hatte aber auch die bizarrsten Ideen, das NS-Regime zu stürzen oder Österreich vor der Annexion zu bewahren. So schlug er 1933 vor, dass einflussreiche, vermögende Juden den Vatikan dazu bewegen sollten, einen Kirchenbann gegen die Nazis auszusprechen. 1938, wenige Tage vor dem „Anschluss“, hielt er sich in Wien auf, um den österreichischen Bundeskanzler Schuschnigg zu überreden, zugunsten von Otto von Habsburg abzudanken. Im Café Le Tournon hatte sich seit langem ein Kreis von Emigranten um den jungen Thronprätendenten versammelt, darunter Joseph Roth und Stefan Heller, Vater von André Heller. Heimlich legte man Uniform, Rangabzeichen, Orden an und übte sich in Ehrbezeugungen alter Schule.
Der in den Zwanziger Jahren als kritischer, linksstehender Journalist in Wien und Berlin tätige Roth war zum Monarchisten geworden, in verklärender Rückschau auf den habsburgischen Vielvölkerstaat, der ihm, dem jüdischen Halbwaisen aus Brody, einer kleinen galizischen Stadt an der Grenze zu Russland, den Aufstieg geebnet hatte, der ihm die Möglichkeit bot, „ein Patriot und ein Weltbürger zugleich zu sein“, wie er im Vorwort zu „Radetzkymarsch“ schreibt, in dem für ihn Toleranz herrschte statt Nationalismus und Antisemitismus, dessen subtile bis offene Erscheinungsformen in der österreichischen Gesellschaft und Armee er gleichwohl in seinen Romanen schildert. Kaiser Franz Joseph – so jedenfalls eine berührende Schilderung in „Radetzkymarsch“ – nahm auf seinen Besuchen in Galizien stets auch die Huldigungen der jüdischen Gemeinden ab.
1924, dem Jahr von „Hotel Savoy“, reiste Joseph Roth im Auftrag der Frankfurter Zeitung in seine Heimat Galizien, das, wie er schreibt, „große Schlachtfeld des großen Krieges“ (von dem wir, fixiert auf Verdun, kaum etwas wissen). Zwei Jahrzehnte später war das jüdische Galizien eine verschwundene, ausgelöschte Welt. Mit anderen Augen liest man heute auch Roths „Briefe aus Polen“ von 1928 mit Ausführungen über die ukrainische Minderheit im österreichischen Galizien und späteren polnischen Staatsgebiet: über eine Nation, die „das Unglück hat, von Völkern, von denen sie regiert wird, gezählt, eingeteilt und überhaupt ›behandelt‹ zu werden.“ Im Jahr 1937 besuchte Roth noch einmal mit seiner damaligen Lebensgefährtin Irmgard Keun (Autorin von „Das kunstseidene Mädchen“) das seit 1918 polnische Lemberg. Fast alle Verwandten, die dort lebten, wurden später im Holocaust ermordet. Roths Ehefrau Friedl, die sich seit längerem in psychiatrischer Behandlung in Österreich befand, fiel 1940 einer Euthanasie-Aktion zum Opfer.
Joseph Roth
Hiob
Roman eines einfachen Mannes
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Joseph Roth
Radetzkymarsch
Roman |
Joseph Roth
Die Kapuzinergruft
Roman
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Joseph Roth
Juden auf Wanderschaft
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Nach dem „Hotel Savoy“ folgten bei mir „Hiob“, die Erzählungen, und – mit Anlauf – „Radetzkymarsch“ (1932) und „Die Kapuzinergruft“ (1938), die mein Bild vom k & k-Romantiker umgeworfen haben. Roth schildert darin die Rituale in den Garnisonsstädten – die gleichen Rituale überall im österreich-ungarischen Riesenreich –: Manöver, Aufmärsche, Platzkonzerte (stets mit Radetzkymarsch). Die um sich greifende Langeweile, die scheinbar ewige Wiederkehr des Immergleichen. Die zunehmende Weltferne des Kaisers, während Arbeiter streiken, nationalistische Wortführer ihr Publikum finden. Die Sehnsucht, „dass etwas passiert“, die Ahnung, dass mit einem Krieg alles anders würde. Joseph Roth schrieb seine Romane über das alte Österreich weit nach dem 1. Weltkrieg, mit dem Erlebnis der Schützengräben und den Erfahrungen der zwanziger und dreißiger Jahre: „Wir wussten mehr als die Greise, wir waren die unglücklichen Enkel, die ihre Großväter auf den Schoß nahmen, um ihnen Geschichten zu erzählen.“
Zum 100. Jahrestag des Kriegsbeginns 1914 möchten wir, die Ururenkel, uns doch gerne vorstellen, was das für eine Welt war, der dieses millionenfache Abschlachten passierte, kaum waren die Soldaten unter Glockengeläut und allgemeiner Begeisterung losgezogen – eine Welt, von der wir lesen, dass sie fortschrittlich war, mit sozialen und medizinischen Verbesserungen für viele, mit einem klaren Ordnungsgefüge (und gut eingepasster Doppelmoral), in der für die bürgerliche Schicht statt der heutigen Elektrogeräte eben Dienstpersonal zur Verfügung stand. Wo bereits, wie Florian Illies in „1913“ zeigt, die Kunst in die Moderne aufgebrochen war. Eine Welt, deren städtebauliche Ensembles, wo sie nach zwei Weltkriegen noch erhalten sind, uns entzücken, in deren Häuser mit den hohen Decken und den Stuckelementen wir gerne ziehen und dort wenn schon keine staubanfällige Bibliothek, so doch wenigstens ein Klavier aufstellen, und deren solide, wohlklingende Vornamen – Namen, bei denen man an gestärkte weiße Kragen denkt – wir für unsere Kinder wählen. Eine Welt, in der Paris auf einmal nicht mehr Sehnsuchtsziel, sondern Sitz des ärgsten Feindes war. Und der Krieg als das allergrößte Abenteuer erschien, das schwere Türen und Fenster aufstößt.
Joseph Roth erklärt es mir ein wenig, besser: Er erzählt es mir, aber bei welchen seiner Romane oder Reportagen auch immer und ob er darin vom Papstpalast in Avignon oder den Uhrmachern in Glashütte berichtet, am meisten fasziniert mich das WIE: seine Sprache, schlicht und schwebend, genau und graziös zugleich, bei der das „Bezeichnete“ das Zeichen aufhebt. Für André Heller ist er der „Schubert der Prosa“. Leichthändig seine Art des Einstiegs und Fortspinnens der Handlung, im Unterschied z.B. zum Roman-Schwerarbeiter Thomas Mann oder zum damals fast noch erfolgreicheren Stefan Zweig, der gerne alle Register der Emphase zieht. Die erzählerischen Mühen – Roth arbeitete Tag und Nacht, in Hotelzimmern, an Bistrotischen – macht er unsichtbar. Keine expliziten poetologischen Gerüste, dafür hatte er keine Zeit, oder wie er es vielleicht formuliert hätte: Dafür ließ ihm seine Gegenwart keine Zeit. Seine Figuren sind einfach da; der Erzähler kennt sie durch und durch mit ihren Wünschen und ihren Schwächen, dem Unter- und Überbau ihres Lebens: „Mein Schwiegervater war sentimental, wie die meisten Heereslieferanten.“ (Die Kapuzinergruft) Roth analysiert die Charaktere, die Aufsteiger, Betrüger, Versager, die „Söhne“, die schwer am Erbe tragen oder in eine veränderte Welt katapultiert werden. Den ehemaligen Leutnant Tunda in „Die Flucht ohne Ende“ beschreibt er so:„Er tat das meiste aus Laune, manches aus Überzeugung, und das heißt: alles aus Notwendigkeit“. Weibliche Protagonisten gibt es wenige, und sie kommen auch nicht viel besser weg.
Landschaften, jahreszeitliche Stimmungen wirft er so hin, ein Bild, ein Beiwort – nicht das gewohnte, aber auch kein sehr bemühtes –, und die Szene hat ihr Glanzlicht: „Der Abendwind kämmte die kleinen Gräser der Wiesenhänge zu beiden Seiten der Straße; man sah, wie sie sich zitternd wellten unter seiner unsichtbaren, leisen und breiten Hand.“ (Radetzkymarsch) Breiten!!! In der Natur liegt eine Gnade, aber, frei nach Kafka, nicht für die Romanfiguren, nicht für uns. Den Freund Stefan Zweig, dem er gerne die unpassenden Adjektive und Pleonasmen anstrich, lobt er einmal dafür, dass er das „Klare und das Wahre“ vereine (und meint sich selbst damit): „Gewöhnlich sind die Klaren flach und die Tiefen schief.“ Zwischen Joseph Roth und Stefan Zweig bestand eine tiefe Verbundenheit, die über den Deal: kollegiale Hinweise gegen finanzielle Unterstützung – und ständige, nutzlose Ermahnungen, weniger zu trinken – hinausging, wie Volker Weidermann in seinem neuen Buch „Ostende 1936 – Sommer der Freundschaft“ schildert.
Einen siebten Sinn dafür, was die Epoche geschlagen hat, zeigt Joseph Roth bereits in seinen Gedichten, die er als Student in Wien und als Soldat (ab 1916) verfasst hat. Wenige wurden veröffentlicht, die meisten – es sollen Hunderte gewesen sein – gingen verloren: die einen, die sich bei einem Verwandten in Warschau befanden, in einem deutschen Bombenangriff, die anderen, die Mehrzahl, als die Cousine Paula Grübel aus Lemberg, die sich mit Roths frühen Manuskripten nach Paris und von dort nach Südfrankreich geflüchtet hatte, von den Deutschen inhaftiert und nach Auschwitz deportiert wurde.
Sprachlich und formal mögen die Gedichte konventionell sein (er schrieb später keine mehr, äußerte sich auch kaum zu Lyrikern, nur einmal zu Stefan George, den er für einen „großen Taschenspieler“ hielt), aber die Thematik hebt sie heraus. Keine Jubelzeile – keine erhaltene zumindest –, was etwas heißen will bei der damaligen national entflammten Lyrik-Großproduktion.
Ein Gedicht erschien 1917 in der deutsch-ungarischen „Illustrierten Kriegszeitung“, es heißt „Der sterbende Gaul“ und ist eine Klage über ein sterbendes Pferd, das der große Kriegstross am Wegesrand zurückgelassen hat: „Vor Tag im feuchten Graben / Liegt ein verendendes Pferd. / Die Kanoniere haben / Es von der Straße gezerrt…“. Die im Weltkrieg eingesetzten Pferde gerieten vielen Zeitgenossen und Künstlern (wie Franz Marc) in den Blick, ihnen galt das Mitleid, das man dem Feind oder sich selbst nicht gestattete. Früher selbstverständlicher Bestandteil der Kriegsführung, stolze Kavallerie, erscheinen die Pferde nun als Opfer des Maschinen-Krieges. Das bei einem Kanonentransport achtlos von der Straße geschobene verwundete Pferd wird bei Roth zum Sinnbild der Alten Welt – im November 1916 war der greise Monarch Franz Joseph gestorben. Ein weiteres Gedicht veröffentlichte er im November 1918, wenige Tage vor dem Waffenstillstand, im „Prager Tagblatt“: Es heißt „Nervenchok“ und beschreibt einen durch die Straßen irrenden „Kriegszitterer“, ein damals ganz neues psychiatrisches Krankheitsbild („Granatenschock“). Die letzte Zeile lautet: „Im roten Meer von Blut und Siegen / ist des Jahrhunderts stolzes Schiff gestrandet / Und das ist Euer Wrack! ...“
„Nur wir“, schreibt Roth 1925, „nur unsere Generation, erlebte das Erdbeben, nachdem sie mit der vollständigen Sicherheit der Erde seit der Geburt gerechnet hatte.“ Es wird nicht nur seine Generation gewesen sein, es folgten weitere mit ähnlichen Erschütterungen, und auch wir spüren, wie – trotz neubürgerlicher Verstrebungen – die Sicherheiten unserer Wohlstands-Kindheit bröseln. Joseph Roth, dem die wenigen Sicherheiten, die er hatte (seine Bucherfolge in den zwanziger Jahren) mit dem Exil genommen wurden, und der viel zu genau hinsah, um Sicherheiten überhaupt zu trauen, der Schriftsteller mit dem untrüglichen Blick und der zärtlichen Beschreibungskunst, für den die Sprache die Heimat war und der einer Utopie eines großen Hauses statt der engen nationalen Kammern anhing – er ist keine schlechte Begleitung dabei.
Susanne Stephan 27.05.2014 |
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