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Carl-Christian Elze

stadt/ land/ stopp

ein gefühl von perfektion

Carl-Christian Elze | stadt/ land/ stopp
Carl-Christian Elze
stadt/ land/ stopp
Gedichte
Mitteldeutscher Verlag 2006
Der Titel stadt/ land/ stopp erinnert an ein Kinderspiel, bei dem das Wissen von der Welt in Worten auf Papier gebracht wird. Im März dieses Jahres legte Carl-Christian Elze seinen zweiten Lyrikband vor, erschienen im Mitteldeutschen Verlag. Er verbindet die Ästhetik der Sprache mit der Systematik der Wissenschaft, wandelt die aus Kindertagen bekannten Kategorien in die Kapitelnamen: stadt, landnahme, tierfluss, statt namen, fluss und pflanze.

Beginnend in Paris, der „stadt der angedichteten gefühle“, durchstreift er europäische Metropolen, formuliert in römische kapelle einen eigenen Leitsatz: „man soll in ruhe auf den ekel blicken“. Der Autor scheut das Dreckige, Tote, Vulgäre nicht. Fast scheint er es zu suchen, stellt es den schönen Dingen entgegen, überrascht, erstaunt und verstört. Seine Sprache ist originell, seine Bilder stimmig und stark. Ganz Wissenschaftler prüft er, untersucht, seziert bis hin zu einfachsten Strukturen, versteht, erklärt, verweist. Tippt Brecht an, Benn, Heine, eröffnet die Kapitel mit Lichtenberg-Zitaten, setzt Fußnoten. Verspielt und provokativ wechselt Elze Textform, Tonfall, Rhythmus.

Er erzählt vom „matsche-igel auf dem asphalt“, betitelt den wilden Überlebenskampf einer Fliege im Spinnennetz mit: „es reicht ein gefühl von perfektion // um ruhiger zu werden“, stellt gegenüber: „aus meinen augen schauen meine väter / wie aus einweckgläsern“ und: „vater war / die grammatik bleibt“. Auf 135 Seiten sind freilich nicht alle Texte gleichstark in Aussage und Ästhetik. Dennoch: Elze hat sich an die großen Themen gewagt und beantwortet sie in einer eigenen, kraftvollen Sprache, entwirft Bilder, die sich einbrennen.
Carl-Christian Elze, 1974 in Berlin geboren, lebt in Leipzig. Studium der Medizin, Germanistik und Biologie. Mitherausgeber der Literaturzeitschrift plumbum. Er studiert seit 2004 am Deutschen Literaturinstitut Leipzig, las beim open mike, erhielt den Debütpreis des Poetenladens und den 1. Preis beim Irseer Pegasus.

Katrin Merten     25.10.2006

Katrin Merten
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