Johann Lippet
Im Garten von Edenkoben
Gern liegen Dichter in Gärten herum
Kurzkritik
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Johann Lippet
Im Garten von Edenkoben
Gedichte
Lyrik Edition 2000, München 2009
64 S., Tb., 8,50 €
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Erst tummelt sich William Blake im Garten „der Liebe“, dann verlängert Thomas Rosenlöcher seine Beine „im Garten bei Kleinzschachwitz“, nun begibt sich Johann Lippet „ins schöne Babylon“ von Edenkoben, wo es inmitten pfälzischer Weingärten ein Künstlerhaus gibt, in dem schon viele Dichter zu Gast waren. Johann Lippet gehört zu jenen rumäniendeutschen Autoren, die seit den 1980er Jahren die bundesdeutsche Literatur wesentlich bereichern. Nach Geburt im österreichischen Wels 1951 und Umzug ins väterliche Banat 1956, nach Studium der Germanistik und Arbeit als Dramaturg am Deutschen Theater in Temeswar, folgt 1987 die Umsiedlung in die Bundesrepublik, wo er seither in der Nähe von Heidelberg lebt.
Neben erzählender Prosa schreibt Johann Lippet ebenso traumwandlerisch schöne wie überraschend komische Gedichte. Gleich dem eigenen Grenzgängertum im wirklichen Leben, ignorieren seine Gedichten lyrische Grenzen, pendeln zwischen Hoch- und Alltagssprache, zwischen End- und Binnenreim und freier Rhythmik oder verbünden sich auf ganz eigene Art mit den Ahnen Ernst Jandl und Oskar Pastior. Ab und zu bedient sich Lippet eines eigenwilligen Zeilenbruchs, hüpft von Vers zu Vers, bricht Wörter in Silben auf, während der Leser Wörter und Verse zu neuer Bedeutung zusammennäht: „Regen perlt ab/Fall des Himmels im Haar/Sonne geht auf/Schlag des Lichts im Auge“.
Lippets Poesie kommt den einfachen Dingen sehr nahe, sie lächelt den Leser regelrecht an, und dem Leser bleibt nichts anderes übrig, als auch zu lächeln: „ich kaufe die Zeitung das finanzielle Opfer muß sein/die Fingerspitzen der Kassiererin auf der Handfläche/bei der Geldrückgabe und Poesie stellt sich ein“. Viele Lippet-Gedichte fallen aus der Gegenwart in die Kindheit zurück. Was sagte die Großmutter? Was blühte am Urgroßelternhaus? Wo sind die Wörter, „Pretiosen aus der Welt die meine Kindheit war … Wer hat sie gesehen, kann Auskunft geben?/Eine Belohnung ist ausgesetzt!“ Ein schmaler Band mit nur 62 Seiten, ein ganzer Sprachkosmos auf nur 62 Seiten.
Johann Lippet im Poetenladen
Zuerst erschienen in: SAX – Das Dresdner Stadtmagazin
Michael Wüstefeld 31.07.2009
Michael Wüstefeld 31.07.2009
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Michael Wüstefeld
Lyrik
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