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Marica Bodrožic
Quittenstunden

Ach was, das sind Gedichte?
Marica Bodrožic in der Versfalle
  Kurzkritik
  Marica Bodrožic
Quittenstunden
Otto Müller Verlag, Salzburg 2011


Das Buch ist mit 68 Seiten angenehm schmal. Es versammelt 25 Texte. Sie werden als Gedichte bezeichnet. Beinahe jeder der „Gedicht“ genannten Texte bean­sprucht mehrere Seiten. Der kürzeste Text hat 17 Zeilen, die keine Verse sind. Vier Zeilen daraus gehen so: „heute hat er dich geküsst/ so wolltest du schon immer geküsst werden/ aber damals hast du nicht gewusst/ wie du schon immer geküsst werden wolltest“. Die Autorin reist weltweit durch Goethe- und universitäre Institute, um dort ihre Gedicht sein wollenden Texte zu lesen.

Die Autorin ist dafür vielfach ausge­zeichnet worden. Der Rezensent weiß nicht warum. Marica Bodrožic, 1973 in Dalmatien geboren, verbrachte die Kindheit bei ihrem Großvater, bevor sie 1983 zu ihren Eltern nach Deutschland zog, um nach dem Abitur in Frankfurt/Main u.a. Slawistik zu studieren und heute in Berlin zu leben. In den letzten vier Jahren hat sie Leser­schaft und Kritik mit sechs hastigen Büchern beglückt. Neben dem Roman „Das Gedächtnis der Libellen“, den Erzäh­lungen „Der Windsammler“ und der auto­bio­grafischen Prosa „Sterne erben, Sterne färben“ waren drei Bücher mit so genannten „Gedichten“ dabei. Im jüngsten kommen, wie der Titel verspricht, mehrfach Quitten vor, auch Sommer und Zeit gibt es zur Genüge, am meisten aber Mutter und Vater.

Oft werden Verluste themati­siert, die der Leser schwerlich nach­vollziehen kann. Die Textgebilde sind eigenartig poesiearm und prosaisch. Um aber als Prosagedichte zu glitzern, sind sie zu ungut verhackstückt. Auch Wörter wie „aspirinisiert“ und „das Grau­samige“ schaffen keine Poesie. Einzig Versversuche wie „Sprache ist eine vitaminreiche Speise“ oder „jedes Wort ist ein Mutteruniversum/versehen mit Nägeln“ oder „Jesusblut und Damalsschmerz/ ein bleischwerer Sog in der ersten Sprache“ lassen erahnen, was die Autorin bei inten­siver Arbeit am Vers hätte er­reichen können.

Zuerst erschienen in SAX, Dresden

Michael Wüstefeld   22.06.2011   

 

 
Michael Wüstefeld
Lyrik