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Hans-Eckardt Wenzel
Seit ich am Meer bin
Zwischen Freirhythmik und Reimzwang
Der Sänger Hans-Eckardt Wenzel als Dichter
Kurzkritik |
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Hans-Eckardt Wenzel
Seit ich am Meer bin
Matrosenblau Verlag, Berlin 2011
Wenzel – Hundert Lieder | s Band I
Matrosenblau Verlag, Berlin 2009
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Schweriner Poetenseminar und Singebewegung, Studium der Kulturwissenschaften und frühe Mitgliedschaft im DDR-Schriftstellerverband, die Gedichtbände „Lied vom wilden Mohn“ und „Antrag auf Verlängerung des Monats August“, die Singprojekte „Liedertheater Karls Enkel“ und „Hammer-Rehwü“ sowie „Goldene Amiga“ für die erste LP „Stirb mit mir ein Stück“ und „Heinrich- Heine-Preis“ des DDR-Kulturministeriums standen am Anfang seiner Karriere als Autor und Sänger.
Hans-Eckardt Wenzel, 1955 bei Wittenberg geboren, gehört längst zu einem der produktivsten und populärsten Liedermacher deutscher Zunge und Lunge. Allein seit 1994 erhielt er für seine Produktionen achtmal den Preis der Deutschen Schallplattenkritik. Aber hier gilt es nicht, eine neue Wenzel-CD zu vermelden, sondern einen Wenzel-Gedichtband. Schon Walther von der Vogelweide wußte, ein Liedtext muß nicht zwangsläufig ein Gedicht sein, was freilich auch andersherum sinnstiftend ist. Und richtig, immer wenn Wenzel den freirhythmischen Dichter raushängen läßt, wirken seine poetischen Ambitionen angestrengt und bemüht, erstarren sie zur Pose. Erinnert er sich aber an den Sound von Heinrich Heine oder Theodor Kramer und bindet seine Verse in liedhafte Reime, dann bewegt sich Wenzel plötzlich auf sicherem Terrain und läuft mitunter zu guter Form auf.
Es wird mehreren Personen „für die kritische Betreuung des Buches“ gedankt. Hätte es den Gedichten geholfen, wenn ein Lyrikkollege unter den Bedankten wäre? Wohl kaum. Bezogen auf Titel und Verlag versteht sich von selbst, das Buch ist in matrosenblaues Leinen gebunden, farbgleich begleitet ein Lesebändchen die Lektüre und in den Gedichten gehören „Meer“, „Ozean“ und „die See“ zu den Lieblingstermini des Autors. Das Meer „faltete wie zum Gebet die Hände“, es wird zu Weizen, Raps und tiefem Tal, Piraten treiben übers und „Land steigt in das Meer“.
Das Buch besingt die Lebensreise ebenso wie touristische Reisen, die zumeist nach Süden gerichtet sind. Wenn sich beide Reisearten verbünden, gelingt mitunter ein wundersam leichter Ton. Wie im ersten Gedicht des Buches, das zugleich auch das schönste ist: „Kleines Cevennen Lied/ Mein Heimweh macht nun Pause,/ Obwohl ich fremd hier bin./ Ich hasse mein Zuhause/ Und will nicht wieder hin … Ich fühl mich in der Fremde,/ Als wäre ich zuhaus.“ Nicht selten wird der Leser bei Wenzel an irgendetwas erinnert. Hier denkt er an die durch Schuberts „Winterreise“ berühmt gewordenen Wilhelm-Müller-Verse „Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh' ich wieder aus“. Beim „Bugewitzer Kalender“ denkt er an Kästners „13 Monate“ und an Brechts „Buckower Elegien“. Aber die Originale bleiben unerreicht. Wem wirklich an Originalen gelegen ist, greife zum großen Liederbuch. Hier gibt es Wenzel von „Selbstbildnis 1981“ bis zu „Tausend Tode“. Und was das Beste ist, alle Texte sind mit Noten versehen. Wenzel zum Selbermachen und Mitsingen, „wenn die Reisigfeuer brennen/ Und das Land im Rauch ertrinkt“.
Zuerst erschienen in SAX, Dresden
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