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Münchner Reden zur Poesie
Herausgegeben von Ursula Haeusgen, später von Maria Gazzetti und ab 2014 von Holger Pils, jeweils mit Frieder von Ammon
Publikationen im Lyrik Kabinett München
Redaktion im poetenladen: Walter Fabian Schmid, Daniel Bayerstorfer und Nikolai Vogel

Liste der Reden   ↓

 

Ernst Osterkamp
Die Götter – die Menschen. Friedrich Schillers lyrische Antike

Walter Fabian Schmid zu Ernst Osterkamps Münchner Poesierede (Lyrik Kabinett)

„Friedrich Schillers lyrische Antike ist die wahre Moderne“ eröffnet Osterkamp provokativ seine Rede und stürzt sich in die Kluft zwischen Schillers theoretischer Ansicht und seinem real transportierten Antikebild. Das, was er über die Antike in den Ästhetischen Briefen notiert, nämlich die harmonische Vereinigung zum universalen Menschen, setzt Osterkamp mit Schillers Lyrik an sich gleich; innerhalb der einzelnen Gedichte erscheine die Antike jedoch als zerrissenes mehrpoliges Fragment. Die Ganzheit behalten allenfalls die griechischen Götter, die Welt ihrer Menschen jedoch ist zerklüftet wie jede andere Welt, wie die der „dumpfigtief[en]“ Gruppe aus dem Tartarus.

Schiller schrieb in Über naive und sentimentalische Dichtung: „Der äußere Stoff ist daher an sich selbst immer gleichgültig, weil ihn die Dichtung niemals so brauchen kann, wie sie ihn findet, sondern nur durch das, was sie selbst daraus macht, ihm die poetische Würde gibt“; und für Osterkamp ist auch Schillers Antike nur Material, das Schiller als historische Quelle archäologisch hebt (Vgl. Pompeji und Herculanum) und dem erst seine Bedeutung zugeteilt werden muss, um „idealisch“ zu werden. So gesehen ist die Antike nur ein Mittel für Schillers Versöhnungsvision, dem Elysium, aber selbst hat sie nicht mehr das Zeug zum Ideal.

Osterkamp scheint es, als entwürfe Schiller in seiner lyrischen Antike ganz unklassisch „Experimen­tier­felder moderner Zerris­senheit“. Kein harmo­nisches Gegen­bild stelle sie her, und selbst die Welt der Götter demas­kiere sich als eine Welt des Kunst­schönen. Schillers Antike ist nur retro­modisches Accessoire. Sie ist alltäglich, und Osterkamp liest Schillers Antiketexte als zeit­genös­sische Reak­tionen. Der nomadische Odysseus wird ihm zum Stell­vertreter der Exi­lanten­ströme nach der Franzö­sischen Revo­lution – quasi die Trümmer­literatur des 18. Jahr­hunderts. Aus dieser Sicht klagen auch im Siegesfest trauma­tisierte Gesellen einer antiken Fragment­ruine. Osterkamp stellt gerade dieses Gedicht in Oppo­sition zu An die Freude, zur Europa­hymne – welch poli­tische Aktua­lität die Rezeption und neueste Geschichte Schiller da erschreibt!

 

22.04.2010

 

Ernst Osterkamp

Einleitung und Einführung von Ursula Haeusgen und Dorothea Hölscher-Lohmeyer: „Meine Damen und Herren, liebe Freunde ...“

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Ernst Osterkamp | 1

„Ich lese zuerst zwei kürzere Gedichte ...“

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Ernst Osterkamp | 2

„Brutus, den Cäsar erkennend ...“

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Ernst Osterkamp | 3

„Was der Schoß der Erde freigibt, ist nicht ein neues Leben ... “

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Ernst Osterkamp | 4

„Frommt's den Schleier aufzuheben? ...“

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  Ernst Osterkamp
Die Götter – die Menschen
Friedrich Schillers lyrische Antike.
Lyrik Kabinett, München 2005
Herausgegeben von Ursula Haeusgen und Frieder von Ammon
35 Seiten, 12 Euro

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