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Münchner Reden zur Poesie
Herausgegeben von Ursula Haeusgen, später von Maria Gazzetti und ab 2014 von Holger Pils, jeweils mit Frieder von Ammon
Publikationen im Lyrik Kabinett München
Redaktion im poetenladen: Walter Fabian Schmid
Heinrich Detering
Vom Zählen der Silben. Über das lyrische Handwerk
Walter Fabian Schmid zu Heinrich Deterings Poesierede
Heinrich Detering sprach am 06. Mai 2009 über den Zauber, der aller Dichtung innewohnt. Das zauberhaft Poetische an der Poesie wird nach ihm durch nichts anderes hervorgebracht als durch das Metrum. Das ist zum Glück etwas Erlernbares, und Detering versteht seine Rede in erster Linie als „eine produktionsästhetische Empfehlung, ein Kapitel aus dem praktischen Handbuch für Zauberer.“ Eine Empfehlung, jedoch mit Nachdruck: „Wo sich die Redeformen und Sprachspiele derart ausdifferenziert haben, dass das Reden in Versen nur eine Redeform unter unendlich vielen anderen geworden ist, da muss der Zauberstab zum Handwerkszeug werden.“
Der Zauberstab wird bei Detering aber nicht im strengen Takt der Versfüße geschwungen, sondern gleitet unaufgeregt über die Silbenzahl der Verse. Er baut seine Rede auf der Theorie von Georg Rudolf Weckherlin (1584 – 1653) auf, der dem silbenzählenden Versprinzip der romanischen Verse gefolgt war. Wie Detering an W.H. Auden und Sylvia Plath vorführt, gehört das Silbenzählen durch das ungezwungene Verhältnis zum Metrum im angelsächsischen Raum längst zur Tradition. Es begründet aber auch die Modernität des deutschen Verses, nämlich die freie Gebundenheit „zwischen Prosa und Metrum“.
Die Strenge des Versmaßes und die Freiheit des Silbenzählens vereint Detering letztendlich in der autonomen Metrik Klopstocks und zeigt daran die Spannung zwischen Versifikation und Prosodie, zwischen der Art und Anzahl der Versfüße und dem Silbenmaterial. Dabei holt Detering in seiner Rede das Abstrakte immer wieder zurück ins Natürliche. Die einer literarischen Meditation ähnelnde Rede zielt dringend notwendig auf den für den gemeinen Lyrikliebhaber so abschreckenden Akademismus. Umso erfreulicher, dass die angestrebte Entakademisierung der Dichtung von einem hochgradig belasteten Akademiker selber kommt.
Der Leibniz-Preis-Träger ist in seiner Personalunion aus exzellentem Wissenschaftler, Kritiker, Essayist und Dichter unbestritten eine der herausragendsten Gestalten im Lyrikzirkel; aber trotzdem betritt hier kein Gott die Bühne, sondern hier geht ein undoktrinärer poeta doctus mit didaktischer Geschmeidigkeit bescheiden ans Pult.
Walter Fabian Schmid
Einleitung von Frieder von Ammon:
„ ... Ihre Anthologie deutschsprachiger Lyrik, eine Anthologie also ...“
Heinrich Detering | 1
„Vielen Dank Frieder, ich finde bei diesen Einführungen ...“
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Heinrich Detering | 2
„Nicht nur die Entwicklung der Versfüße und der dann bekannten Vers- und Strophen- und Gedichtmaße ...“
Heinrich Detering | 3
„Harald Hartung, um ihn noch einmal zu erwähnen ... “
Heinrich Detering | 4
„Meine Damen und Herren, ich gehe in die Schlusskurve ...“
Heinrich Detering, geboren 1959 in Lemgo, studierte Germanistik und Philosophie in Göttingen, Heidelberg und Odense. Er ist Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Vergleichende Literaturwissenschaft. 2003 erhielt er den Preis der Kritik und 2009 den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis für hervorragende wissenschaftliche Leistungen.
2004 erschien sein Gedichtband Schwebstoffe und 2009 der Band Wrist (beide Wallstein Verlag).
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16.12.2009
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