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Münchner Reden zur Poesie
Herausgegeben von Ursula Haeusgen, später von Maria Gazzetti und ab 2014 von Holger Pils, jeweils mit Frieder von Ammon
Publikationen im Lyrik Kabinett München
Redaktion im poetenladen: Walter Fabian Schmid
Uljana Wolf: Box Office
Walter Fabian Schmid zu Uljana Wolfs Poesierede
In heutiger prosaischer Zeit entsteht Lyrik wohl ausschließlich unter den Bedingungen der Prosa, und die Mutter moderner Lyrik ist die Prosa, die sich in der Poesie den Spielraum erlaubt, mit ihrer eigenen Beschaffenheit zu experimentieren. Wer denkt, daraus ergebe sich zwangsweise das Paradox, dass sich aus der Prosa heraus die Verse entwickeln, sie sich aber genau dadurch selbst zur Strecke bringt, der denkt falsch. Poesie braucht gar keine metrischen Stelzen auf denen sie rumstolziert, zumindest nicht wenn es nach Uljana Wolf geht.
In ihrer Rede „Box Office“ vom 11. November 2009 widmet sie sich von der Gegenrichtung, vom Verspoetischen her kommend dem Prosagedicht, das für sie ein pfadloses Dickicht sei, das nicht „Stamm für Stamm – Zeile für Zeile – lesbar ist“. Anhand verschiedenster Traditionen spricht sie über jene „Zwitterwesen“, die wegen der fehlenden Versstruktur sowohl offen, als auch aufgrund ihrer Dichte innerhalb des festen Rahmens geschlossen seien. Uljana Wolf setzt sich hartnäckig dem Vorwurf der Formlosigkeit zur Wehr und stellt ziemlich zackig dar, dass Prosagedichte eine Provokation an das Gedicht seien, eine Provokation aber auch gegen die Prosa, ja, gegen jegliche Konvention. Das Prosagedicht boxt in vielerlei Richtungen und Uljana Wolf denkt an, was unter der Bedingung des vermehrten Auftretens der Box-Form einmal notwendig war.
Dabei schlingert sie aber an schwammigen Grenzen entlang, wenn es um die terminologische Abgrenzung geht. Nach ihr macht u.a. die „Aushöhlung der Narration“ den Prosatext zum Gedicht. Über einen Text von Lydia Davis sagt sie: „Der Text mündet in einer nur durch Kommata und Semikola leicht getakteten Endlosschleife, statt plot und dots eine Serie von nots, die sich zu einem knot verschlingen, einem Knoten. Es ist das Narrative selbst, das sich hier aufhängt, in scheinbar sinnlosem Tuten, nichtigem Tun.“ Eine schönere Beschreibung für Maurice Blanchots Roman Thomas der Dunkle habe ich bisher noch nirgends gelesen.
Doch solange man keine griffigen Kategorien zur Unterscheidung hat, wozu vielleicht verschiedene Dichtegrade beitragen könnten, werden die Grenzen wohl fließend sein. Und werden Grenzen gezogen, wo sollen sie enden? Wie weit sollte man die Bereiche ausdehnen? Was sind jetzt eigentlich Kafkas Betrachtungen und Altenbergs Wie ich es sehe? Laut Metzler Lexikon Literatur sind sogar das noch Prosagedichte. Oder was schrieb eigentlich die wunderbare Adelheid Duvanel? Gibt es am Ende sogar Prosaerzählgedichte? Auf alle Fälle muss der Graubereich einmal ausgeleuchtet werden und Uljana Wolf macht seitens der Dichter einen Anfang. Einen Anfang, der hinterfragt werden will.
Die Rede beginnt nach einer sehr anregenden Einführung von Frieder von Ammon, der sich, von der Motivgeschichte herkommend, an die Poetik Wolfs annähert und bis in ihre Gedichte hineinzoomt.
Walter Fabian Schmid
Einleitung von Frieder von Ammon:
„Meine Damen und Herren, seitdem in unserer Kultur über
Dichtung nachgedacht wird ...“
Uljana Wolf | 1
„Vielen Dank für die Einladung hierher, meine Damen und Herren,
willkommen im Box Office ...“
.
Uljana Wolf | 2
„Das Prosagedicht ist also eine mindestens doppelbödige Box, ein Raum für ...“
Uljana Wolf | 3
„Bluebox – ich habe vorhin davon gesprochen, dass ich ... “
Uljana Wolf | 4
„Niemand kann von mir verlangen, dass ich Zusammenhänge herstelle ...“
Uljana Wolf | 5
Resümee, Fragen und Antworten nach der Rede.
Uljana Wolf, geboren 1979 in Berlin, Studium der Germanistik, Kulturwissenschaft und Anglistik in Berlin und Krakau, lebt als Lyrikerin und Übersetzerin in Berlin und Brooklyn.
Uljana Wolf im poetenladen |
26.11.2009
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