und das, so hörte ich jemanden sagen, Die erste Gedichtgruppe segelt unter dem Titel: wir werden erheitert. Lehnen wir uns also zurück und schauen und hören, was das absurde Universum uns zu bieten hat. „große schwarze schwärze“ zum Beispiel. Die verbürgt ja immer Wahrheit, in ihr sind wir alle unterwegs, und wenn dann noch Sinatra hinter dem Tresen steht und die Drinks mixt, fühlen wir uns gleich besser. Sollte da jemand den Hauch modischer Coolness wittern? Na wenn schon. So lange es keine Pose ist, sondern ein Schlingern durch Bilder und Sätze, die zu unserem inneren Inventar gehören, macht uns das nichts. Auch die Tradition gehört ja dazu, die hier vielstimmig wispert und ihre bekannten Vokabeln und Rhythmen beisteuert. Hölderlin, die Romantiker. Das Benn-Parlando, wunderbar nachempfunden und in Eigenes verwandelt in bitte wie geht vorbereiten. Das ist ein Juwel, funkelnd vor Selbstironie, Spott, Erotik. Ganz leicht tänzelt hier die bittere Einsicht, dass uns kein Probelauf gegönnt ist, dass alles, was wir tun oder lassen, niemals die Generalprobe ist, sondern immer gleich die Premiere, bei der wir Haut und Ruf riskieren. Soll ich? Soll ich nicht? Lass ich mich ein, ganz schnell, auf den „ringelreihn, nein, nein, nein, / das ist nicht mein dessous, das muss von jemand andrem sein“? So viele Fragen, und die Antworten müssen wir alle selber finden, glücklicherweise, aber manchmal doch auch nervend, und wozu es führt? in ewigkeit angst und champagner, und fliehen können wir nicht, selbst in der taucherkammer will „der luftdruck einfach nicht sinken...“ Die letzte Gedichtgruppe trägt den Titel vager geklagt, und „vage“ bedeutet hier, dass der Anlass der Klage nicht ein konkreter Missstand ist, sondern ein unbehebbarer Mangel, eine ‚macula originalis‘, eben der Schmerz, der seit Jahrhunderten Anlass ist, Gedichte zu schreiben und zu lesen. Natürlich kommt nun alles auf die Sprache an, in der die Klage angestimmt wird. Melancholie ist so ziemlich das abgeschliffenste Messer, es braucht schon viel Schärfe und Eigensinn, um uns noch in die Seele zu schneiden. Monika Rinck verfügt über beides. Manchmal jedoch scheinen die Texte sich geradezu zu wehren gegen Verständniswünsche, manchmal fahren sie allerlei Bildungsgeschütz auf („adornitische animation“), für manche habe ich vielleicht nicht das spezielle Ohr. Mir gefällt aber der Mut zum Risiko, den die Gedichte ausstrahlen, die Verve, der Drive, das Sich hinwegsetzen über Konventionen: hier sind alle Wörter gedichttauglich, wirklich alle. Und überhaupt – was mich heute nicht erreicht, ist eben noch unterwegs zu mir, braucht Zeit. Lyrik geht lange Wege. Gisela Trahms 07.11.2007
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Gisela Trahms
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