Garten. Weiß.
Auf Wiedersehn. Bis morgen. Bis zum nächsten Mal.
Wislawa Szymborska
Aber es ist doch nicht so
dass alles verschwindet
wenn Schnee fällt
Die Dinge ändern nur ihre
Gestalt Werden weicher
und geben sich nicht mehr
so leicht zu erkennen.
Die Bäume zum Beispiel
sind nicht mehr nackt
sondern mit weißen
Eichhörnchen bekleidet
Mit Schneetauben Hasen
und diesem seltsamen Licht
welches das Auge um alle Farben
betrügt weil es sie verschlingt
in sein sorgloses Weiß So als
gäbe es immer ein erstes Mal
eine erste Berührung zum Beispiel
oder eine Form ohne Beschreibung
ein Wort ohne Nachklang
eine Gestalt ohne Namen
Aber es ist doch nicht so
wie ich schreibe Hinter den Worten
hockt immer noch eine andere
Wahrheit und krümmt sich
oder schwankt im wechselnden Licht
Denn der Schnee schmilzt irgendwann
Und im Weiß sind alle Farben zu Hause
Undine Materni, geboren 1963 in Sangerhausen, lebt in Dresden. Gedichtbände: Das beharrliche Unglück der Dinge 2000; Landgang im November 2004; Die Tage kommen über den Fluss 2006
Das Gedicht ist abgedruckt in der Anthologie: Es gibt eine andere Welt.