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Peer Meter, Barbara Yelin: Gift
Peer Meter, Isabel Kreitz: Haarmann
Das Grauen nebenan
Zwei historische Kriminalfälle als Graphic Novel
Kritik |
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Peer Meter
Barbara Yelin
Gift
Graphic Novel
Reprodukt 2010
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Die Graphic Novel ist auch im deutschsprachigen Raum längst zum festen Bestandteil der Buchlandschaft geworden. Anfangs noch als leichtverdauliche Bildergeschichten verachtet, boomt das Genre mittlerweile gewaltig. Dieser Trend ist wenig überraschend, schaffen doch zahlreiche Graphic Novels den anspruchsvollen Spagat zwischen komplexem Erzählen und künstlerisch wertvoller Illustration. Der Autor Peer Meter führt dies in Zusammenarbeit mit den Zeichnerinnen Barbara Yelin und Isabel Kreitz eindrucksvoll vor. In seinen Graphic Novels arbeitet er zwei berühmte Fälle der deutschen Kriminalgeschichte auf.
Mit Gift begibt sich der Leser zurück in das Bremen des Jahres 1831. Eine junge Schriftstellerin hat sich auf den Weg in die freie Hansestadt gemacht, um eine Reisebeschreibung zu verfassen. Schon bald schlägt der Fremden jedoch eine Welle von Argwohn und Misstrauen entgegen. In Bremen herrscht eine düstere Atmosphäre, denn die Hinrichtung der mehrfachen Giftmörderin Gesche Gottfried steht unmittelbar bevor. Ihre Taten erschütterten die Stadtbewohner zutiefst und erregten auch über die Grenzen Europas hinweg großes Aufsehen. Gottfried vergiftete in den Jahren 1813 bis 1827 fünfzehn Menschen, darunter ihre eigenen Kinder und Ehemänner, mit so genannter Mäusebutter, einem Gemisch aus Arsen und Schmalz. Ungewollt wird die Protagonistin in den Fall verwickelt und macht dabei so manche Entdeckung, die dem öffentlichen Ansehen Bremens erheblich schaden könnte.
Auch der Fall des Serienmörders Fritz Haarmann sorgte weltweit für Schlagzeilen und gilt bis heute als beispiellos in der modernen Kriminalgeschichte. Der Hannoveraner tötete zwischen 1918 und 1924 mindestens 27 junge Männer im Alter von zehn bis 22 Jahren. Haarmann war homosexuell. Er lockte die Opfer in seine Wohnung, vergewaltigte sie und biss ihnen im Sexualrausch die Kehle durch. Anschließend schlachtete er seine Opfer in der gerade einmal sieben Quadratmeter kleinen Dachkammer. Ob das Fleisch, mit dem Haarmann Nachbarn, Bekannte und sogar die Schankwirtschaft in seinem Haus belieferte, tatsächlich von den getöteten Männern stammte, konnte nie zweifelsfrei geklärt werden.
Sowohl in Gift, als auch in Haarmann, stützt sich Peer Meter auf die überlieferten Prozessakten der Fälle. Beide Bücher gehen jedoch deutlich über ein Nacherzählen der Faktenlage hinaus. Sie zeichnen sich durch eine intensive Neugier nach den Geschichten hinter den Fällen aus. So kreisen beide Erzählungen weniger um die Frage nach den Tathergängen, als vielmehr um die Lebensumstände der Täter und vor allem die Ermittlungswege der jeweiligen Behörden. Den Fällen ist die Ablehnung psychologischer Gutachten gemein. Stattdessen werden sowohl Gesche Gottfried als auch Fritz Haarmann der Öffentlichkeit schlicht als kaltblütige Egoisten präsentiert, welche aus reiner Habsucht mordeten. Mit diesen fadenscheinigen Begründungen werden nicht nur die komplexen Charaktere der Mörder verkannt. Sie dienen vor allem der Vertuschung gesellschaftlicher und behördlicher Mitverantwortung. Aufgrund zahlreicher Anzeigen von Einwohnern Bremens und Hannovers werden dubiose Machenschaften beider Personen evident. Dass die Missachtungen dieser Hinweise seitens der Polizei Methode zu haben scheinen, zeigt Meter schonungslos auf.
Trotz all der hier aufgezählten Gemeinsamkeiten unterscheiden sich beide Graphic Novels doch in wesentlichen Punkten voneinander. So bedient sich Peter Meter in Gift einer fiktionalen Rahmenhandlung bzw. einer personellen Erzählinstanz als Vermittler zwischen dem Geschehen und dem Leser. Die dadurch erzeugte Distanz lässt den Fall Gesche Gottfried an vielen Stellen noch geheimnisvoller und undurchsichtiger erscheinen. Der verwaschene Zeichenstil Barbara Yelins gibt diese Atmosphäre des Misstrauens und der Unbestimmtheit kongenial wieder. Der gekonnte Einsatz von Kohle schafft eine weiche Linie, die sich nicht zu eindeutigen Trennung von Schuld und Unschuld eignet. Ganz anders verfährt hingegen Isabel Kreitz, die mit stärkeren Konturen die klare Erzählweise von Haarmann illustriert. Der Leser folgt dem Täter unmittelbar, glaubt ihm bisweilen über die Schulter zu schauen. Eine retrospektive Schilderung wie in Gift gibt es nicht. So scheinen die Fronten diesmal von Anfang an geklärt zu sein. Doch wenn man eine Lehre aus Peer Meters Geschichten ziehen kann, dann die, dass es nicht nur eine Wahrheit gibt.
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Peer Meier
Isabel Kreitz
Haarmann
Carlsen Verlag 2010
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Mario Osterland
Prosagedichte
Gespräch
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