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Ein Bild von einem Gedicht
Alle Poetryletter 2012 | Julietta Fix (Hg.)
Gemalte Gedichte
Kritik
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Julietta Fix (Hg.)
Ein Bild von einem Gedicht
Alle Poetryletter 2012
29,90 Euro
Fixpoetry Verlag, Hamburg 2012 |
Der Poetryletter des Literaturportals fixpoetry.com ist im Laufe der letzten fünf Jahre zu einer kleinen Institution geworden. Alle zwei Wochen wird hier ein Gedicht grafisch aufbereitet bzw. mit einer Illustration versehen präsentiert. Nun erscheinen die hochwertig gearbeiteten Briefe erstmals in Buchform. Die Sammlung Ein Bild von einem Gedicht fasst alle Poetryletter des Jahres 2012 zusammen. Unter den Autoren sind unter anderem Herbert Hindringer, Lydia Daher, Swantje Lichtenstein, Thomas Kunst und Olga Martynova.
Der großformatig angelegte Band ist, das fällt schon beim ersten Durchblättern auf, alles andere als eine gewöhnliche Anthologie. Allein die optische Vielfalt der Illustrationen lädt zu einer künstlerischen Entdeckungsreise ein. Dabei wird bei genauerem Lesen und Hinschauen klar, dass die Grafiken der Poetryletter nicht allein als schmückendes Beiwerk fungieren, sondern die Texte im günstigsten Fall nicht nur sinnvoll, sondern kongenial ergänzen. So geschehen bei Max Czolleks Gedicht altbau unplugged, das von Judith Sombray, die auch für die Gesamtgestaltung des Bandes zuständig war, illustriert wurde. Geschickt lässt sie Czolleks streunende Katze aus dem Bild laufen, durchschneidet die Bildebene mit einer Diagonalen, die einen „kursiven Moment“ bedeutet, in dem verschwenderisch „Kaffee oder Hustensaft“ tropft. Ähnlich ausdrucksstark, wenn auch ungleich expressiver und dynamischer, zeigt sich Felix Scheinbergers Kreuzritter, der auf Johannes CS Franks Gedicht look holy, baby zustürmt. Der reißerische Auftakt des Textes (hier in der Übersetzung von Ron Winkler) scheint ihn provoziert zu haben: „parasomnische ausflüge nach golgatha / a-tonische krämpfe, wimpernschläge, ein wankender weg / übermüdung reißt ihn in ihre arme“ Dieser Poetryletter (es ist die No. 224) ist sicher eines der Highlights des Bandes.
Wen jedoch die leiseren lyrischen Töne eher ansprechen, wird in Ein Bild von einem Gedicht ebenfalls fündig. Allerdings besteht hier auch manchmal die Gefahr, wie etwa im Falle von Oya Erdogans Warten, dass man allzu sehr eingelullt wird: „und es schmerzte heftig bis ich es sah mein Sehnen / nach einem Strom der meinem ähnle“ Die nah am Gothic-Kitsch verlaufende Illustration von Pinar Du Pre dazu ist zwar passend, aber wenig überzeugend. Eine solche Erkenntnis wirft natürlich die grundsätzliche Frage nach der Gestaltbarkeit von Lyrik auf.
Ob das Zusammenspiel von Gedicht und Bild überhaupt sinnvoll ist und auf welche Art und Weise es gelingen kann, ist eine kaum zu beantwortende Frage. Julietta Fix, die Herausgeberin des Bandes, ist sich dieses Problems bewusst, das sie im Vorwort auch selbst anspricht. Ihr Plädoyer lautet jedoch auf die unterstützende Wirkung des Bildes auf den Text, welche das lineare Lesen auflockert und zudem einen Unterhaltungsfaktor schafft, der der Lyrik oft abgesprochen wird. Dass dieses Zusammenspiel zweifelsohne gelingen kann, wird in Ein Bild von einem Gedicht deutlich. Unter welchen textlichen und bildlichen Voraussetzungen im Falle der Poetryletter gearbeitet wird, davon kann man sich ab sofort selbst überzeugen. Eine Entdeckungsreise, die sich lohnt.
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Mario Osterland
Prosagedichte
Gespräch
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