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Harvey Pekar und Paul Buhle (Hg.)
The Beats – Die Geschichte der Beat-Literatur
Man, I'm beat
Die Geschichte der Beat-Literatur als Graphic Novel
  Kritik
  Harvey Pekar und Paul Buhle (Hg.)
The Beats – Die Geschichte der Beat-Literatur
Graphic Novel
Aus dem Englischen von Thomas Steger
Walde + Graf 2010


Eines unbedingt vorweg: The Beats ist keine gewöhnliche Graphic Novel. Sie ist auch viel mehr als eine Comic-Anthologie. The Beats ist eine wahre Schatzkiste, prall­gefüllt mit jeder Menge Fundstücke. In 25 Kapiteln unter­schiedlicher Autoren und Illus­trato­ren wird die Geschichte der fast schon legen­dären Beat-Literatur, die in den 1950er Jahren in den USA entstand, buch­stäblich nachge­zeichnet. Einer der Heraus­geber und Autor zahlreicher Episoden ist kein geringerer als die Underground-Comiclegende Harvey Pekar, der im Juli 2010 verstarb.

Die Episoden in The Beats sind in zwei Teile zusammen­gefasst. Im ersten Teil schil­dert Pekar gemeinsam mit dem Zeichner Ed Piskor die Leben der drei Protagonisten der Beat-Generation: Jack Kerouac, Allen Ginsberg und William S. Burroughs. Der zweite Teil widmet sich hingegen dem gesamten engeren und weitläufigeren Umfeld dieser Dreier-Keimzelle und hilft die Beats in ihrem größeren, kultur­historischen Zusammen­hang zu verstehen. Wer dabei eine unkri­tische Anbe­tung der Kult­autoren dieser auf­regenden Zeit erwartet, irrt gewaltig. Denn obwohl hier vielleicht eine der liebe­vollsten Dar­stel­lungen der Szene vorzu­finden ist, bleibt ein gewisses Maß an Objekti­vität stets gewahrt. Vor allem das Kapitel „Beatnik-Chicks“ beleuchtet mehr als kritisch die Schatten­seite des rauschhaften Lebens von Kerouac, Burroughs und Co. Während diese meist on the road waren, sich besoffen, kifften und Zeit für ihr Schreiben beanspruchten, ließen sie ihre Frauen, die sich ebenso nach kreativer Selbst­verwirk­lichung sehnten, nicht selten mit den Kindern im Stich.

Es sind allerdings weniger die Einblicke ins Privatleben der Dichter, welche den Mehrwert dieses Buches ausmachen. Wie bereits erwähnt, leistet The Beats einen nicht unerheb­lichen Beitrag zur kultur­histo­rischen Einordnung jener Epoche, die bis heute insbesondere auf experimentelle Literatur einwirkt. Vor allem im Poetry Slam kann man die Beat-Literatur als geis­tigen Vater erkennen, da sie Traditionen der Mündlichkeit wieder­aufleben ließ, durch per­formanceartige Lese­vor­träge in Knei­pen und Galerien, bei denen nicht selten auch impro­visiert wurde. Zudem finden sich zahlreiche interes­sante Fakten, wie etwa die Herkunft des Begriffs Beat-Generation vom Ausspruch „Man, I'm beat!“ („Man bin ich fertig!“) oder die Tatsache, dass der Buddhismus in den USA maßgeb­lichen von den Beats verbreitet wurde.

Je weiter man mit der Lektüre voran­schreitet, desto mehr versteht man, dass Beat-Literatur nicht nur Gegenkultur zum bürger­lichen Amerika der 1950er und 60er war, sondern auch zum entschei­denden Scharnier zwischen dem Sur­realis­mus vor 1945 und der Hippie- bzw. Punk­bewegung der 1970er wurde. Neben künstle­rischen Methoden wie der écriture automatique, den cut-ups oder der Collage ist es auch die pazifistische Grundhaltung vieler Beat-Poeten, welche die Traditions­linie zu Breton, Dalí und anderen verdeutlicht. Der Kampf gegen das kriegs­treibe­rische Esta­blishment und für uneinge­schränkte Rede­freiheit gab der Beat-Literatur zwangs­läufig auch eine politische Dimension.

Die wechselnden Zeichen­stile und Erzählweisen in The Beats verdeutlichen die Fülle an unter­schiedlichen Einflüssen und Wirkungs­gebieten. So werden beispielsweise nicht nur Dichter, sondern auch Musiker, Künstler, Förderer und nicht zuletzt der berühmte City Lights Bookstore in San Francisco vorgestellt, der bis heute eines der wichtigsten kulturellen Zentren der USA ist. The Beats ist eine unter­haltsame und seriös reche­rchierte Graphic Novel, die mit ihrem Inhalt und ihrer Auf&machung nicht nur Comic-Fans und Lite­ratur­wissen­schaftler zu begeistern weiß.
Mario Osterland   07.03.2011   

 

 
Mario Osterland
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